Der "Report" zeigte sich am Dienstag völlig verändert: Statt Politikern sprachen 12 Österreicher mit sehr unterschiedlichen Ansichten über Demokratie. Ein nicht ganz geglückter Versuch.
Der "Dialog konträrer Punkte" hat Hochkonjunktur: Die "Zeit" hat damit begonnen, dann zogen andere deutsche Medien nach. In Österreich griff der "Standard" die Idee auf, nun versuchte es auch der ORF im Wochenmagazin "Report". Menschen mit sehr unterschiedlichen Ansichten ins Gespräch zu bringen ist ein schönes Ziel. Denn es ist wahr: Wir leben verstärkt in Blasen und diskutieren immer seltener mit Menschen, die ganz andere Einstellungen haben als wir. Die Folgen sind Unverständnis und Intoleranz. Schön also, wenn der Journalismus einen Diskussionsraum zur Verfügung stellt.
Sehr unterschiedlich waren die Menschen, die man am Dienstagabend um einen rot-weiß-roten Tisch versammelt sah, Susanne Schnabl als Moderatorin in ihrer Mitte. Von der Sängerin bis zum Elektriker, von der Pädagogin bis zum Pensionisten konnte jeder einige Statements einbringen – Hut ab vor den Gästen, sie erklärten ihre politischen Ansichten sehr ernsthaft vor laufender Kamera. Und machten deutlich, wie sehr ihnen Mitbestimmung und Demokratie am Herzen liegt.
Thema war freilich auch die Frage, die, wie alle meinten, Österreich besonders spaltet: Migration. Eine junge Wienerin mit serbischen Wurzeln erzählte, dass sie immer wieder auf ihren Nachnamen reduziert wird, sie ortete viel Hass in Österreich. Ein älterer Tiroler erwiderte, dass viele Türken in seiner Umgebung sich nicht integrieren wollen. Und eine Pädagogin fand es „völlig abstrus, Leute nach Grenzen, die irgendwo gesetzt wurden, festzuschreiben.“
Kein wirkliches Gespräch
Der Zustand der Demokratie, Bürgerbeteiligung, die Spaltung der Gesellschaft, die Rolle der sozialen Medien, Hass im Netz: Es waren (allzu) viele Themen, die bei der Diskussion angeschnitten wurden. Die Gäste waren in unterschiedlichem Maße sendungsbewusst, manche wollten ihre Botschaft anbringen, andere schienen offen. Doch ein wirkliches Gespräch? Ergab sich kaum.
Was wohl am Format liegt. Für einen Austausch braucht man Zeit; im „Report“ wurde die Diskussion von 12 Menschen auf rund 30 Minuten gequetscht. Wie viel Platz bleibt hier jemandem, der sprachlich nicht geschult ist, um seine Gedanken, Hoffnungen, Ängste auszuführen? Nicht viel. Wobei, ganz ehrlich: Man möchte als Zuschauer auch nicht ewig Gesprächen lauschen, die man so ähnlich auch schon an den Weihnachtsfeiertagen erlebt hat.
Zum Abschluss wollte Schnabl noch wissen, was die Leute am Tisch aus der Diskussion „mitnehmen“. Eine sehr pädagogische Frage war das, und jeder sollte sie beantworten. „Respekt und Toleranz. Das sind die Worte, die bei mir hängengeblieben sind“, sagte eine junge Frau. „Das sollen die Regierungsparteien aber auch vorleben“, meinte daraufhin eine Pensionistin. Beim nächsten Politikerinterview im „Report“ kann man ja danach fragen: Die offene Gesprächsrunde mit Österreichern war nämlich eine Ausnahme. Das erklärte Wolfgang Wagner, der neue Report-Chef, von dem die Idee stammt, bereits vorab. Anlassbezogen dürfen Bürger aber durchaus wieder im Studio sprechen.
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