Vom "flexiganen Leben" und dem Stolz aufs "Fressen und Saufen" hörte man gestern bei "Pro und Contra", wo die Köchin Sarah Wiener als Moderatorin fungierte.
Das Thema Ernährung ist mittlerweile ja ein höchst politisches, die Leute reden ständig darüber. Manche stellen dabei sehr ernst gemeinte Glaubensfragen, man hat dann das Gefühl, dass Legehennen, Kokosöl und Avocado die kulinarischen Platzhalter für die großen philosophischen Fragen des Lebens geworden sind: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Die vierte Kant'sche Frage muss dann natürlich lauten: Was isst der Mensch?
Wie auch immer, mit der Weihnachtszeit stehen ja wieder einige Wochen der Völlerei an, dürfte sich der Privatsender Puls 4 gedacht haben, da passt das Thema doch ganz gut. So sah man am Mittwochabend bei "Pro und Contra", einer üblicherweise politischen Diskussionsreihe eine sehr motivierte Sarah Wiener als Moderatorin. Thema der Sendung: "Wie ernähren wir uns in Zukunft?"
Man hörte dabei allerlei Bekanntes von den Gästen, auch mit Tipps wurde nicht gespart. "Es fehlt uns Vollkorngetreide in der täglichen Ernährung", sagt etwa Ernährungswissenschaftlerin Ingrid Kiefer. Der ehemalige Skisportler Felix Gottwald übernahm den Part des empörten Asketen und meinte, Österreich sei eine "Schnitzel- und Spritzernation, wir fressen und saufen über Gebühr und sind auch noch stolz darauf". Versteht sich fast von selbst, dass er selbst auf Fleisch und Zucker verzichtet. Die größten Konflikte gab es aber zwischen dem Fleischindustrie-Kritiker Clemens Arvay (er wird zu Weihnachten einen Paranussbraten zubereiten) und dem Geflügelproduzenten Manfred Söllradl. Landwirt Felix (zu) Löwenstein zitierte den schönen Satz: "Man sollte hauptsächlich Sachen essen, die die eigene Großmutter als Nahrung erkannt hätte."
Neu sind für die Nichtteilnehmer an ernährungsphilosophischen Diskussionen aber jedenfalls die Begrifflichkeiten, die in der Sendung ganz selbstverständlich fielen. Arvay bezeichnet sich selbst als "flexigan", das bedeutet, er findet es richtig, vegan zu leben, macht aber manchmal eine kleine Ausnahme und gönnt sich einen Löffel Honig. Sarah Wiener stellte dann noch eine Grafik vor, die verdeutlichte, dass der allergrößte Teil der Österreicher, nämlich 90 Prozent, "Omnivoren" sind. Das bedeutet Allesfresser. Flexitarier dürften übrigens unter Omnivoren erfasst sein. Das Vokabular von Gottwald ist da eher einfacher: "Ich bin sehr genügsam mit den Beilagen", meint er.
Das Konzept des Gastmoderators zieht sich bei "Pro und Contra" übrigens durch, Sarah Wiener folgt auf Niki Glattauer im September, Elmar Oberhauser im Oktober und Michael Köhlmeier im November. Nach der Sendung mit der Starköchin ist jedenfalls ein guter Zeitpunkt darauf hinzuweisen, wie sehr Corinna Milborn, die sich derzeit eine Auszeit nimmt, dem Diskussionsformat fehlt.
Die Sendung zum Nachschauen >>>
Die Gäste:
- Felix (zu) Löwenstein, Agrarwissenschafter und Landwirt
- Clemens Arvay, Biologe und Autor
- Manfred Söllradl, Geschäftsführer der "Eiermacher GmbH" und Geflügelproduzent
- Felix Gottwald, ehem. Nordischer Kombinierer und erfolgreichster Sportler der österreichischen Olympia-Geschichte