"Im Zentrum": "Um Gottes Willen, ich kenne keinen Akt"

V.l.n.r: Karl Mahrer (ÖVP), Walter Rosenkranz (FPÖ), Moderatorin Claudia Reiterer, Beate Meinl-Reisinger (Klubobfrau der Neos), Jörg Leichtfried (SPÖ) und Peter Pilz (Jetzt).
V.l.n.r: Karl Mahrer (ÖVP), Walter Rosenkranz (FPÖ), Moderatorin Claudia Reiterer, Beate Meinl-Reisinger (Klubobfrau der Neos), Jörg Leichtfried (SPÖ) und Peter Pilz (Jetzt).
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Wann wird bekannt, was die Hintergründe der Bluttat in Dornbirn sind? Bei der gestrigen ORF-Diskussion um die "Sicherungshaft" blieb der Anlassfall weiter im Dunkeln. Dafür gibt die FPÖ Gas.

Viel wurde am gestrigen Sonntag "Im Zentrum" über die von der Regierung geplante "Sicherungshaft" für gefährliche Asylwerber gestritten. Das ging vom großen Streitpunkt, wer diese Verhängen darf (Amt oder Richter) bis zur gruseligen Frage, ob es dann für jeden Asylwerber eine Einschätzung seiner Gefährlichkeit geben soll. Doch es kam auch ein Punkt zur Sprache, der all dem vorgelagert ist: Woraus entsteht dieser Gesetzestext eigentlich, an dem so intensiv gearbeitet wird?

Vor fast vier Wochen wurde das Messerattentat auf den Dornbirner Sozialamtsleiter begangen - und inzwischen ist kaum mehr über den Fall bekannt als am Tag danach. Wo und wann suchte der mutmaßliche Täter um Asyl an? Wer wusste was? Hätte man den Mann inhaftieren können? Die Regierung sagt nein, die Opposition sagt ja. Wobei die Beurteilung schwierig ist, bei all den offenen Fragen.

Schon vor zwei Wochen erklärte ÖVP-Staatssekretärin Karoline Edtstadler offen, dass sie den Akt des Mannes nicht kenne. Warum wurde er ausgewiesen? Wann kam er zurück? Beim "Talk im Hangar" Mitte Februar war das ein Rätsel. Nun, Anfang März, gaben sich ÖVP (in Gestalt von Sicherheitssprecher Karl Mahrer) und FPÖ (anwesend war Walter Rosenkranz) in der sonntäglichen ORF-Diskussion "Im Zentrum" genauso unkundig.

"Es wäre ja interessant, ob der Herr Rosenkranz den Akt kennt, als Einziger hier", murmelte Jörg Leichtfried (SPÖ) irgendwann in den Gesprächstrubel hinein. "Um Gottes Willen, um Gottes Willen, ich kenne keinen Akt", rief Rosenkranz empört. Als Teil der Gesetzesgebung habe er "in der Vollziehung" überhaupt nichts verloren. Nur eins scheint man auf Regierungsseite über den Fall zu wissen: Dass es kein Behördenversagen gegeben hat.

Arbeitet die Regierung also unter Hochdruck daran ein neues Gesetz auf den Weg zu bringen - wegen eines Falles, den man nicht genau kennt? Die Opposition (im ORF-Studio waren gestern, Sonntag, neben Leichtfried auch Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger und Peter Pilz von der ungefähr gleichnamigen Liste) will jedenfalls mehr wissen. "Wir werden mal genau untersuchen müssen: Was ist in Dornbirn passiert? Sollte sich herausstellen, dass es schwerstes Behördenversagen gegeben hat - und alles deutet darauf hin -, dann helfen uns keine neuen Gesetze", sagte Pilz. Eine gut gelaunte Meinl-Reisinger war schneller: Die Neos haben schon vor einer Weile eine parlamentarische Anfrage zum Vorgehen im Fall Dornbirn gestellt.

Den Arbeitseifer der Regierung scheint das alles nur anzufachen: Nun soll es vor allem schnell gehen mit dem Gesetz zur "Sicherungshaft", erfuhr man gestern "Im Zentrum". "Ich habe eine gewisse Eile", sagte Rosenkranz, und es klang sehr glaubwürdig. Das Ministerium "arbeitet auf Hochdruck" am Gesetz. Wenig später rutschte ihm heraus, dass es sogar schon in der Schublade liege. Man darf gespannt sein, wie es weiter geht.

Bei Claudia Reiterer diskutierten:

Walter Rosenkranz (Klubobmann der FPÖ)
Karl Mahrer (Nationalratsabgeordneter, ÖVP)
Jörg Leichtfried (Stv. Klubobmann der SPÖ)
Beate Meinl-Reisinger (Klubobfrau der NEOS)
Peter Pilz (Sicherheitssprecher von Jetzt).

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