Ein Wirthausbeispiel zur Klarnamenpflicht im Internet erzürnte gestern ÖVP-Minister Blümel. Von Äpfeln, Birnen und dem Drang nach Vereinfachung.
Wie sehr kann man das Internet mit dem - wie es so schön genannt wird - echten Leben vergleichen? Das war gestern Thema eines recht kontroversiellen Gesprächs zwischen ORF-Moderator Martin Thür und ÖVP-Medienminister Gernot Blümel in der "ZiB 2". Wobei der Minister, der zuvor schon mit sorgenvollem Blick Auskunft über den Brexit gab, die Contenance nicht ganz bewahrte.
Es geht um eine komplexe Materie: Das Gesetz zum "digitalen Vermummungsverbot", das die Regierung in Begutachtung schickt, soll die Anonymität im Netz abschaffen. Wie? Indem Zeitungen und (größere) Plattformen verpflichtet werden, Namen und Adressen ihrer Nutzer zu speichern. Kritiker sehen die Gefahr der Totalüberwachung, Befürworter hoffen auf eine bessere Verfolgbarkeit von Straftaten und ein insgesamt freundlicheres Netz.
Der Teufel liegt natürlich im Detail, der Medienminister schien bei der Erklärung des Gesetzes aber nicht unbedingt detailversessen. Er legte den Fokus eher auf Generalisierungen. So sagte Blümel etwa: "Es kann ja nicht sein, dass der Gesetzesbruch im digitalen Raum erlaubt ist und sonst nicht".
Was natürlich Unsinn ist - schon semantisch. Und relevant ist die Frage, wie man jene erwischen kann, die das Gesetz brechen, ob nun in der Fußgängerzone oder der digitalen Welt. Doch Blümel wiederholt schon seit einer Weile mantraartig, dass "rechtsstaatliche Prinzipien auch im Internet gelten müssen".
Übrigens übertrieb es auch Moderator Thür ein wenig mit der Simplifizierung und brachte einen Wirtshaus-Vergleich: "Sie verlangen - umgelegt auf das echte Leben - von Lokalbesitzern, dass sie die Identität von allen Besuchern feststellen. Nur für den Fall, dass da drinnen mal eine Wirthauskeilerei stattfindet."
Ein Vergleich in Schieflage, er lässt an Äpfel und Birnen denken. Immerhin speichert ein Wirtshaus nicht, was gesagt wurde - und macht das auch nicht für alle Welt (oder zumindest eine große Öffentlichkeit) sichtbar. Es hat sozusagen keinen Schaukasten, in den es Bilder von und Zitate aus der Keilerei stellt. Dass Blümel die Analogie argumentativ nicht entkräften konnte, muss doch verwundern. "Das ist ja ein Blödsinn, was Sie da reden", warf er Thür vor. Eine Wortwahl, die manchen Zuseher bereits empört. Man kann sie aber auch als kurzzeitige Pause von den ermüdenden Stehsätzen geschulter Politiker sehen. Blümel kehrte ohnehin gleich dahin zurück: Gesetzesbruch dürfe nicht erlaubt sein.
Bei der entscheidenden Detailfrage, wie man nun sicherstellen kann, dass die Personalien, die ein User online angibt, auch echt sind, wurde Blümel tatsächlich herablassend. Thür müsse das Gesetz lesen und sich "kundig machen zum technischen Stand", wenn er die Pläne der Regierung nicht verstehe. Es gebe nämlich eine Software, die, wie es klingt, alle Probleme löst. Den Vergleich mit der eierlegenden Wollmilchsau bringen wir hier natürlich nicht.