Der ORF und die ehrgeizige Frau Bierlein

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Der ORF hat es aufgedeckt: Die designierte Bundeskanzlerin hatte in ihrem bisherigen Leben „nur“ Zeit für den Beruf.

Österreich bekommt also eine Bundeskanzlerin, und das ist alles sehr aufregend. Auch für den ORF. Der hat zwar, wie überhaupt seit Ibiza-Gate, sehr professionell berichtet. Nur das mit den Porträts der designierten Kanzlerin Brigitte Bierlein war, nun ja, einigermaßen misslungen.

Da wurde in etlichen Nachrichtensendungen über ihren bisherigen beruflichen Werdegang berichtet, was durchaus informativ war. Bis es – immer wieder – zu einem recht merkwürdigen Satz kam. Der da lautete: „Bierlein widmet ihr Leben ihrem Beruf.“ Wie bitte? Wir verstehen: Frau Bierlein ist offenbar nicht verheiratet und hat auch keine Kinder. Der Beruf war ihr wohl, so wird suggeriert, wichtiger. Das musste offenbar gesagt werden, um den Zusehern ein Gefühl für den mutmaßlich überbordenden Ehrgeiz der Brigitte Bierlein zu geben. Damit wir uns alle auskennen.

Frage: Wann ist jemals über einen Mann, der Karriere macht, so berichtet worden? Ist natürlich eine rein rhetorische Frage. Nein, Männer müssen sich solche Formulierungen nicht gefallen lassen. Ein Mann, der Karriere macht und keine Kinder hat: kein Thema.  Niemals würde es einem Journalisten einfallen, über die Schwerpunktsetzung im Leben des betroffenen Mannes zu philosophieren. Würde vermutlich auch niemanden interessieren.

In den ORF-Berichten über die neuen Minister Clemens Jabloner und Alexander Schallenberg wurde zwar angemerkt, dass sie verheiratet sind und auch Kinder haben. Werden sie in ihren ersten Interviews aber auch gefragt werden, wieviel ihrer Zeit sie dem Beruf, wieviel der Familie widmen? Oder wie sie ihre Kinderschar mit der Karriere in Einklang bringen konnten? Höchstwahrscheinlich nicht.

Aber interessant wäre es schon.

>> Bericht in der TVThek

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