Lehár-Festival: Mariä Himmelfahrt und ein Räuberhauptmann

„Gasparone“
„Gasparone“(c) Foto Hofer, Bad Ischl
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Nicht nur der Genius loci wird in Bad Ischl beschworen. Man würdigt auch einen Meister der Moderne und pflegt Unterhaltungs-Repertoire von der goldenen Operettenära bis zum Musical: Vom „Marienleben“ bis zu „Gasparone“ spannt sich der Bogen im Sommer 2013.

Gewiss, auf der Bühne im Bad Ischler Kurhaus lässt sich kein großes Ausstattungstheater veranstalten – man punktet hier mit quirligen, temporeichen Produktionen, bei denen Regisseure wie Leonard Prinsloo und Dolores Schmidinger für reichlich Bewegung sorgen. Dem Musical „Hallo, Dolly!“ mit Ann Mandrella und Kurt Schreibmayer galt heuer die Eröffnungspremiere, Millöckers „Gasparone“, ins Mafia-Ambiente versetzt, folgte als Beitrag zur Pflege der „goldenen“ Operettenära.

Und Lehár? Der Genius loci kam heuer mit der Präsentation einer Rarität zu Ehren, „Wo die Lerche singt“ ging halbszenisch über die Bühne. Und Prinsloo bewies wieder einmal, dass er nicht viel Dekorationszauber braucht, um für Stimmung zu sorgen.

Manch ein Besucher wird still vor sich hin räsoniert haben, wie wenig Bühnenbild doch nötig ist, um die Geschichte von einem Maler zu erzählen, der sich in ein Landmädel verliebt, das es zuletzt doch vorzieht, mit seinem Bauernburschen daheim in der Puszta zu leben statt im urbanen Umfeld, wo man sich doch nur über es lustig macht.

Raritäten, für CD festgehalten

Prinsloo bewegt seine Darsteller mit der Meisterschaft des exzellenten Marionettenspielers. Für jeden Chorsänger hat er Bewegungsmuster parat. Das würde zur spannenden Darstellung einer schlüssiger gebauten Operettenhandlung taugen. Was das Duo Willner & Reichert 1918 für Franz Lehár gezimmert hat, reicht allerdings kaum für einen spannenden Abend. Da nützt eine hemmungslose Choreografie so wenig wie sicher servierte Pointen von Publikumslieblingen wie Gerhard Ernst, der den Papa der zauberhaften Margit (Sieglinde Feldhofer) gibt.

Als Antipodin zum Landmädel ist die Ischler Publikumsfavoritin Miriam Portmann aufgeboten, als deren Verehrer Wolfgang Gerold und Jevgenij Taruntsov fungieren. Wirkliche Spannung zwischen den handelnden Personen aufzubauen lässt das kärgliche Libretto jedoch nicht zu. Man muss sich an die Musik halten, die wie so oft bei Lehár reichlich quillt. Vor allem das zentrale Duett ist von großer Schönheit und raffinierter orchestraler Koloristik: die immerhin kostet man in Bad Ischl weidlich aus, denn das Festspielorchester musiziert unter Marius Burkert mit Verve und Delikatesse.

Eine CD-Firma war dabei, um mitzuschneiden und ihr Operetten-Repertoire um eine Rarität zu bereichern. „Wo die Lerche singt“ kann man also demnächst zu Hause nachhören. Ehrenvoll für cpo-Records ist die Tatsache, dass man auch ein Herzensprojekt des Ischler Intendanten, Michael Lakner, live mitgeschnitten hat.

Lakner, auch exzellenter Pianist, begleitete die so wortdeutliche wie elegant phrasierende Schweizerin Maya Boog bei einer Aufführung von Paul Hindemiths „Marienleben“ (nach Rilke) in der Stadtpfarrkirche: Eine seelenvolle Wiedergabe der Zweitfassung des Werks konnte da konserviert werden. Schade, dass die Darstellung der sperrigen Urfassung des Zyklus' durch Juliane Banse in Salzburg jüngst nicht auch aufgezeichnet wurde. Immerhin live war diese wichtige Konfrontation im Sommer 2013 möglich; als Hommage an den 50. Todestag des Komponisten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2013)

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