Burg: Die Suche nach verschwundenem Geld

BURGTHEATER-FINANZAFF�RE: ARCHIVBILD HARTMANN
BURGTHEATER-FINANZAFF�RE: ARCHIVBILD HARTMANN(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Hat Matthias Hartmann Selbstanzeige erstattet? Und wie kommt Regisseur Bösch zu seinem Geld?

Vergangenen Dienstag wurde Matthias Hartmann als erster Direktor in der Geschichte des Burgtheaters entlassen. Eine Barauszahlung in der Höhe von 233.000 Euro vom 28.Juli 2009 wurde ihm zum Verhängnis. Schon über einen Monat, bevor er die Direktion an der Burg übernahm, zahlte ihm die damalige kaufmännische Direktorin, Silvia Stantjesky, diesen Betrag aus.

Er wiederum vertraute ihr das Geld zur Verwahrung an. Er habe das getan, weil er im Juli 2009 noch kein Konto in Österreich gehabt habe, begründete Hartmann diesen Schritt. Doch spätestens mit September hatte er als künstlerischer Geschäftsführer der Burg ein Gehaltskonto. Nun sein Geld dorthin zu überweisen, dazu konnte sich Hartmann dennoch nicht entschließen. Wieso nicht?

Für Rechtsanwalt Bernhard Hainz, den Anwalt der Bundestheater-Holding, eine klare Sache: „Matthias Hartmann hat nicht aus Nachlässigkeit verabsäumt, ein internes Kontrollsystem an der Burg zu etablieren, und auch nicht, weil er mit künstlerischen Angelegenheiten so beschäftigt war. Er hielt im Eigeninteresse und mit Vorsatz das System Stantejsky aufrecht, weil er daran selbst beteiligt war.“

Denn es macht noch eine andere Ungereimtheit stutzig. Hartmann hat sich, wie die Schweizer Tageszeitung „Der Tagesanzeiger“ am Samstag berichtete, bereits am 20.Juli 2009 vom Bevölkerungsamt der Stadt Zürich mit der Begründung „Wegzug nach Wien“ abgemeldet. Die Honorarnote über die 233.000 Euro, die erst Ende August 2009, also einen Monat nach Erhalt des Barbetrags ausgestellt wurde, lautet immer noch auf seine Schweizer Adresse. Mit Anfang September meldete sich Hartmann dann in Wien an. Vielleicht wähnte er sich als nirgends Ansässiger in dieser Zeit im steuerlichen Niemandsland.


War es gar Geldwäscherei?

„Auch wenn Hartmann nicht mehr in der Schweiz und auch nicht in Österreich seinen Wohnsitz angemeldet hatte, steuerpflichtig war er selbstverständlich dennoch“, sagt Hainz. „Man kann sich schwer des Eindrucks erwehren, dass sein Vorgehen ein Modell war, um Steuer zu hinterziehen. Wenn dem so ist, erfüllt es bei diesen Beträgen den Tatbestand der Geldwäscherei.“ Wie mittlerweile bekannt geworden ist, hat Hartmann insgesamt übrigens nicht nur 233.000, sondern sogar 363.000 Euro in Cash bekommen. Das ergibt eine Aufstellung von Hartmanns Steuerberatern Steirer, Mika & Comp. Laut den Angaben von Matthias Hartmann vor seiner Entlassung habe er all seine Honorare völlig korrekt versteuert. Auf die Anfrage, ob Hartmann eine Selbstanzeige bei den Finanzbehörden gemacht habe, bekam "Die Presse“ entgegen vorheriger Ankündigung keine Stellungnahme. Gut möglich, dass sich auch Burg-Regisseur David Bösch bald die Frage gefallen lassen muss, ob bei ihm alles mit rechten Dingen abgelaufen ist.

Bösch, der kürzlich Premiere mit Bert Brechts „Mutter Courage“ am Burgtheater feierte und am 27.April „Parzival“ von Tankred Dorst im Akademietheater zur Aufführung bringt, ließ auch von Stantejsky Geld verwahren, und zwar gleich 200.000 Euro. Beunruhigt von den Ereignissen der vergangenen Wochen und vor allem in Sorge um sein Geld, wandte er sich nun an die kaufmännische Geschäftsführung der Burg. Die hatte keine guten Neuigkeiten für ihn: Er müsse sich in dieser Angelegenheit bitte an Stantejsky wenden.

Nachdem der Burg nämlich ein von Bösch selbst unterzeichneter Auszahlungsbeleg über diesen Betrag vorliegt, besteht aus Sicht der Burg keine offene Forderung zugunsten des Regisseurs. Bösch, so erfuhr „Die Presse“, bestreitet auch gar nicht, die Auszahlungsbestätigung unterzeichnet zu haben, bloß das Geld, das hat er angeblich dennoch nicht erhalten. Eine Version, die für den Außenstehenden auf den ersten Blick unplausibel erscheint. Wie es sich tatsächlich zugetragen hat, konnten die Anwälte der Burg noch nicht endgültig klären. Kollegen, die Bösch kennen, können sich, „naiv wie er ist, sofort vorstellen, dass es sich so zugetragen hat“. Wie auch immer. Langweilig wird in den nächsten Wochen weder den Anwälten noch den Burg-Geschäftsführern werden.

Thomas Königstorfer und der neue interimistische Direktor, ob er nun Hermann Beil oder anders heißt, müssen schon sehr bald Entscheidungen treffen. Die erste ist, ob Hartmanns Projekt „Der falsche Film“, das für den 6.April anberaumt ist, tatsächlich aufgeführt werden soll.

Laut Aussagen von Hartmanns Anwalt Georg Schima im morgen erscheinenden „Profil“ könne die Vorstellung kaum stattfinden. Man müsse sich vertraglich neu einigen, denn mit der Entlassung sei alles gekappt. Aber es geht auch um eine Koproduktion mit den Salzburger Festspielen. Der Ex-Burg-Chef sollte dort Karl Kraus' „Die letzten Tage der Menschheit“ inszenieren. Die ersten Arbeiten dazu haben zwar schon begonnen, befinden sich allerdings, so heißt es aus der Burg, noch ganz in den Anfängen.

Es habe zwei – erfolglose – Bauproben gegeben. Eine aktuelle Textfassung des Stückes liegt ebenfalls nicht vor, und vor allem hätten Salzburg und Hartmann noch keinen Konsens über die Größe der Besetzung erzielt. Was es aber gibt, ist das Einvernehmen zwischen Burg und Sven Eric Bechtolf, dass das Stück im Sommer auf dem Spielplan bleibt. Mit oder ohne Hartmann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2014)

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