Bianca Regl: Schnell-Start

(c) Julia Stix
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Die Liste der Ausstellungen, bei denen sie verteten war, ist lang. Und doch ist es erst vor vier Jahren gewesen, dass Bianca Regl ihre Liebe zur Malerei entdeckt hat.

Ein zitronengelber Sessel, ein Schreibtisch, ein Regal mit ein paar Kunstkatalogen. Dazu noch ein Rollwagen, angeräumt mit eingedrückten Farbtuben, zwei Dosen voller Pinsel. Ein paar wenige, grau grundierte Leinwände. Das ist Bianca Regls Malreich, gelegen in einem lichten, leer stehenden Seitentrakt des mächtigen T-Mobile-Centers in Wien Simmering. Mehr ist momentan nicht. Alle ihre Bilder hängen in Ausstellungen oder sind verkauft. Sie findet sich wieder inmitten einer Situation kreativer Leere,
bevor sie mit dem nächsten Schwung Bilder loslegt. Die Galerie wartet schon sehnsüchtig darauf. „Vorher muss ich aber erst hier ankommen“, sagt sie lachend.

Erst vor wenigen Wochen ist Bianca Regl aus Los Angeles zurückgekehrt. Zwei Jahre hat die zierliche, gerade 27-Jährige dort gelebt und gearbeitet, im ersten davon war sie außerdem als Gasthörerin an der University of California inskribiert. Seit der Rückkehr nach Wien hat sie eine große Einzelausstellung auf die Beine gestellt, einen Paris-Trip absolviert und ein Wochenende in Venedig eingeschoben, wegen der Kunst-Biennale im Allgemeinen und Herbert Brandls Solo-Show im österreichischen Pavillon im Besonderen. Brandl ist Bianca Regls Guru: „Einer der ersten Maler, die mich total stark beeinflusst haben“, erinnert sie sich an den Besuch einer Ausstellung von ihm in der Galerie nächst St. Stephan vor einigen Jahren. Was sie an ihm schätzt? „Das Verhältnis von Malerei und Realität. Und das Paint-Handling“, setzt sie, noch ganz L.A., hinzu.

Stundenlang posieren? Dafür hat man Freunde. Der Umgang mit der Farbe, das Spiel mit der Wirklichkeit: Das sind auch ihre eigenen großen Themen. „Im Unterschied zu Brandl brauche ich die Figur aber noch“, sagt sie, „damit ich irgendwo ansetzen kann.“ Das ist ihr Ausgangspunkt. „Ab dann jage ich nach einer Art Aura in der Malerei. Dann ist das Sujet zweitrangig. Es aber ganz wegzulassen, traue ich mich noch nicht.“ Das Sujet gibt Bianca Regl Sicherheit. Wegen dieser Sicherheit ist es ihr auch wichtig, die Sujets mit Leuten zu erarbeiten, die sie kennt. Dafür lässt sie dann auch schon mal gute Freundinnen in stundenlangen Sessions auf Sofas posieren und in Situationen verharren, die „mehr oder minder unangenehm sind“. „Das ist ein Emotions-Voyeurismus meinerseits“, beschreibt Regl diese Maßnahmen, bei denen stets auch der Fotoapparat mit im Spiel ist.

Solche Hilfsinstrumente gesteht sie sich auch zu, um dann in der Malerei selbst umso freier zu werden. Eine Konstante bildet der graue Bildgrund. „Der graue Mittelton hat sich bei den größeren Arbeiten herauskristallisiert. Während ich früher immer wieder aufs Neue unschuldig an die Bilder herangegangen bin, ermöglicht mir dieses Werkzeug, das Bild, auf dem manchmal ja nur 40 Pinselstriche drauf sind, offen zu halten, also nicht zu schließen.“ Einen großen Schritt hat sie mit ihren Bildern von schwimmenden Frauen getan. Regl: „Mich interessiert: Was macht das Wasser mit den Objekten? Wie verformt es sie? Das Wasser hilft mir, total locker zu sein.“

Bei allem Anspruch auf Spontaneität und Offenheit, den Bianca Regl im Gespräch an sich und ihre Kunst stellt: Sie erweckt nicht den Eindruck, als würde sie auch nur einen Moment lang die Kontrolle verlieren. Dabei ist für sie alles ziemlich schnell gegangen. Dessen ist sie sich selbst auch bewusst. „Ich habe in meinem Leben schon sehr viel Glück gehabt
und tolle Leute kennengelernt, die mir vertraut haben.“ Denn trotz einer Ausstellungsliste, die sich sehen lassen kann: Die Liebe zur Malerei hat sie eigentlich erst vor vier Jahren entdeckt, als sie in Paris Wirtschaftsinformatik studierte und zufällig auf eine Kunstklasse der Linzer Universtät stieß. Diese Begegnung hinterließ einen derartig starken Eindruck, dass sie sofort umsattelte. Sie belegte Aktzeichnenstunden und studierte dann in Linz bei Ursula Hübner Malerei. Ein Jahr später wechselte sie an die Wiener Akademie, bevor sie, angeregt durch einen „legeren Vortrag, den Hubert Schmalix in der Mensa über die kalifornische Szene hielt“, 2005 nach L. A. ging. „Im Kontrast zu meinem Wiener Umfeld war diese Malerei sehr überlegt und kopflastig. Da wollte ich unbedingt hin.“ Sie ist auf dem besten Weg.

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