Kunstmarkt: Jeunesse

Julia Stix
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Während in Miami die große Art-Basel-Kunstparty steigt, ein Blick in die heimische Szene: Um in Wien Kunst zu verkaufen, braucht man einen langen Atem. Gut, wenn man früh anfängt. Wie diese Jungen Galeristen. Fünf Porträts.

Galerie Momentum

Es ist bei Weitem nicht der populärste Bereich des Kunstmarkts, in den sich die Fotografin Valerie Loudon und der Betriebswirt Moritz Stipcicz, beide Anfang 30, verliebt haben. Jedenfalls nicht im konservativen Wien. Hier hatte es die Fotokunst immer schwer. Was sich so langsam aber ändern sollte. Dazu werden die beiden Neo-Galeristen wohl einen guten Teil beitragen. Im April 2006 haben sie direkt hinter dem Museumsquartier die Galerie Momentum gegründet, das erste rein auf Fotoeditionen spezialisierte Geschäft in Wien, das vor allem junge Sammler mit geringen Budgets ansprechen sollte. Doch dann kam alles anders.

Erst mehr als Verkaufsort zugekaufter Fotoeditionen etwa vom deutschen Editionsriesen Lumas und Vintage-Abzügen gedacht, sind ziemlich schnell die Ausstellungen selbst in den Mittelpunkt gerückt, erzählt Stipcicz. Und mittlerweile macht Momentum schon das, was man zu Beginn gar nicht vorhatte – nämlich richtige Galeriearbeit, das heißt Fotokünstler werden exklusiv betreut und vertreten. Die „Kerntruppe“ besteht vor allem aus einer jüngeren Garde u. a. mit Nina Rike Springer, Peter Garmusch und Andrea Witzmann – aber auch der Grand Seigneur der Wiener Fotoreportage, Erich Lessing, ist mit dabei. „Der Bedarf einer Fotogalerie, die mit lebenden Künstlern arbeitet, war in Wien einfach gegeben“, erklärt Stipcicz den Umschwung. Eine Balance zwischen Editionen und Galerieausstellungen werde sich aber wohl erst im nächsten Jahr einstellen. Gerade zeigt man wieder neue Editionen, gleich 50 sind es, u. a. von Elfie Semotan, Irene Andessner und Julie Monaco.

Galerie Frey

Weder besonders klein noch besonders bescheiden hat das Geschwisterpaar Peter und Andrea Frey, beide Mitte 30, vor drei Jahren in Wien seine Galerie gestartet: auf drei Geschoßen, gleich hinter Staatsoper und Albertina. „Wenn, dann gleich ordentlich“, erzählt Peter Frey von seinem Entschluss, mit dem damals Mutter und Schwester vorbehaltenen Familybusiness von Salzburg nach Wien zu expandieren. Nachhaltig beeinflusst habe ihn zu diesem Schritt die Begegnung mit dem Maler Anselm Glück, erinnert er sich. Vergangenen September sperrte die Mutter die Salzburger Galerie dann zu. Jetzt halten die Frey-Geschwister in Wien alleine die Stellung. Mit sehr viel junger Malerei.

Denn, so ist Frey unerschütterlich überzeugt, von dieser gäbe es hier einfach unglaublich gute. Bis auf den jungen Medienkünstler Christoph Schwarz ist man diesem Lob der Leinwand bisher auch sehr treu geblieben. Für das historische Rückgrat sorgt dabei Hans Staudacher, ein Erbe der Mutter-Galerie. Ansonsten tummeln sich vor allem Studierende beziehungsweise Absolventen der Wiener Kunstunis wie Bernard Ammerer, Adrienne Kiss oder Josephine Scianna in den Galerieräumen. Dem Angebot entsprechend reicht hier auch das Spektrum der Sammler vom Arrivierten bis zum Einsteiger. Ziemlich günstig, ab 600 Euro ist man dabei. Gearbeitet wird hart an einer größeren internationalen Präsenz, neben den beiden Wiener Kunstmessen Viennafair und der „Art Austria“ im Mai werden die Freys auch auf der Mailänder Messe ausstellen.

Dana Charkasi

Über eine enge Wendeltreppe geht es hinauf in eines der ältesten Häuser Wiens, das Griechenbeisl am Fleischmarkt, erstmals erwähnt 1397. Und schon einmal, in den 60er-Jahren, fand man hier oben nicht Rapunzel, sondern zeitgenössische Kunst. Christa Hauer führte damals eine Avantgarde-Galerie, die legendäre Galerie im Griechenbeisl. Heute ist nur noch das Archiv von Hauer und ihrem Mann, dem Maler Johann Fruhmann, hier untergebracht. Als Nichte Dana Charkasi ihrer Tante beim Einrichten des Archivs half, war aber die Idee geboren, dieses wieder durch einen Kunstraum nebenan zu beleben.

2004 noch als nichtkommerzielle Plattform für zeitgenössische Kunst gegründet, verlegte sich die 38-Jährige 2006 dann aber doch auf die Galeriearbeit – „auf Wunsch der Künstler, die gerne auch verkaufen und auf internationalen Messen vertreten werden wollten“. Wobei sich Charkasi in ihrer Arbeit bewusst auf nur sechs Künstler und Künstlerinnen beschränkt, inhaltlich oder stilistisch aber keine Programmlinie pflegt: „Ich will mich in kein Korsett zwängen.“ Das intensive Engagement der Neo-Galeristin wurde jedenfalls ziemlich prompt belohnt: Bei der Preview-Messe in Berlin konnte sie 2006 – darüber freut sie sich heute noch wie ein Schneekönig - Internet-Collagen von Susanne Schuda an das Kunsthaus Zürich verkaufen.

Und beim zweiten Messe-Auftritt, auf der Viennafair gewann sie den Mumok-Preis für die Dia-Installation von Kamen Stoyanov, die auch angekauft wurde. „Das war wahnsinnig ermutigend“, zehrt Charkasi noch heute davon. Denn zu kämpfen hat sie schon. Die Wiener Sammler, musste sie wie bereits viele vor ihr feststellen, sind nämlich langsam. Beobachten erst ein paar Jahre und beginnen erst dann zu kaufen. Was bei Einstiegspreisen ab 70 Euro etwa für Fotos von Gina Müller fast unverzeihlich ist.

Galerie Andreas Huber

Wenn in der Galerie von Andreas Huber das Licht ausgeht, dann hat das nichts mit Junggaleristen-Klischees zu tun, etwa dass der Strom abgeschaltet werden musste. Nein, das „Ganglicht“ ist eine Installation der Künstlerin Mandla Reuter und gehört zur Ausstellung „Evasive Action“. Spätestens bei diesem kryptischen Titel weiß man, dass jetzt Konzeptkunst kommt. Spätestens bei Mandlas Lichtarbeit weiß man aber auch, dass das nicht bitterer Ernst heißen muss. Vor allem nicht, wenn sie einem vom 34-jährigen Galeristen selbst erklärt wird, der bei Kollege Martin Janda hörbar nicht nur das reine Handwerk lernte, sondern auch die Leidenschaft.

„Je schwieriger eine Arbeit, desto leichter tue ich mir beim Verkauf. Für mich ist es leichter, ein Video zu verkaufen als Malerei.“ Junge österreichische Konzeptkünstler wie Leopold Kessler und internationale Künstler wie Kaucylia Brookes sind Hubers Spezialität, mit der er es schon auf die wichtigste Nachwuchsmesse, die „Liste“ Basel, schaffte. Gegen den Trend. Und gegen den Grätzel-Trieb.

Das war eine andere Überlegung Hubers, als er seine Galerie eröffnete. Das Gassenlokal ist zwar in Gehdistanz zu MQ oder Schleifmühlgasse. Aber auch weit genug entfernt. „Ich wollte nicht auf Sammler anderer Galerien schielen, sondern mir selbst ein Publikum aufbauen“. Schließlich sei es hier in Wien wichtig, drei, vier Sammler zu haben, die einen verlässlich unterstützen. Seine Preispolitik will er stabil halten, nicht schnell hochdrehen. Auch bei ihm gibt es ab 300 Euro Editionen zu kaufen.

layr:wuestenhagen

Sie waren die Ersten, die nach langer Zeit wieder einen konstanten frischen Wind in die alteingesessene Wiener Galerienszene brachten: 2002 haben Emanuel Layr, damals 26, und Thomas Wüstenhagen, 35 (vorn), nahe dem Museumsquartier einen winzigen Galerieraum eröffnet. Auf nur 40 Quadratmetern begann damals unter harten finanziellen Bedingungen ein bis heute engagiertes Galerienprogramm. Heuer im Dezember geht es sogar nach Miami, zur „Nada“-Messe, einem Satelliten der magnetischen Art Basel Miami Beach.

Die Fiac und das Heimspiel Viennafair sind zwei weitere Fixpunkte für die beiden Galeristen, die sich seit ihrem Umzug in die Seilerstätte vor zwei Jahren stark für ein produktives, kollegiales Arbeitsklima in diesem alteingesessenen Galerien-Grätzel einsetzen. Mit guten Karten, hat Wüs-tenhagen doch zuvor bei der Grande Dame der Seilerstätte, Ursula Krinzinger, gewerkt. Dass die Homepage fast durchgehend in Englisch gehalten ist, lässt sich mit dem Galerie-Konzept layr:wuestenhagens erklären: „Wir wollten unsere Künstler relativ rasch im Ausland bekannt machen, durch Messen oder Kuratorenkontakte“, erzählt Emanuel Layr.

Info

„Und mittlerweile sind manche Künstler mehr in Ausstellungen im Ausland präsent als in Österreich.“ Womit auch eine aufwendige Organisation begann, von Transporten bis zur Archivierung.
Ab nächstem Jahr wird das Galerieprogramm dementsprechend um einige nichtösterreichische Künstler erweitert, Auftakt ist die aktuelle Gruppenschau „the object is the mirror“ von Kurator Max Henry. Im Frühjahr folgt dann der amerikanische Künstler Julien Bismuth. Einen Sammlergrundstock scheinen layr:wuestenhagen jedenfalls aufbauen zu können: „In Wien gibt es mehr junge Sammler als man wahrnimmt – erstaunlich gut informierte, die engen Kontakt zu Künstlern suchen.“
Momentum Karl-Schweighofer-Gasse 12, 1070 Wien.

Galerie Frey Gluckgasse 3, 1010 Wien.

Dana Chlarksi Fleischmarkt 11, 1010 Wien.

Galerie Andreas Huber Capistrangasse 3, 1060 Wien.

Layr:Wuestenhagen An der Hülben 2, 1010 Wien.

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