Galerien: Rotationsprinzip wie bei einer Kunsthandlung

(c) Inge Prader
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Neo-Galeristin Gabriele Schobers erste Auswahl für die „Bäckerstraße 4“.

Bei der Förderung junger Kunst gibt es zwei Schulen. Die Fraktion Elfenbeinturm wünscht sich möglichst lange Abstinenz unschuldiger Talente vom Markt, damit sie sich erst einmal ein Fundament aus eigenen Ideen bauen können. Der heute ungleich stärkere Trend propagiert hingegen „Je eher, desto besser“: Künstler sind auch nur Einzelunternehmer, und „Professionalität“ lässt sich am besten bei möglichst früher Praxis erlernen. So verpasst auch Werbeprofi Charles Saatchi keine Abschluss-Ausstellung der Londoner Kunstakademien und ermöglicht Kunststudenten auf der Website „Stuart“ virtuelle Selbstvermarktung.

Auch Neo-Galeristin Gabriele Schober kommt aus der Werbung. Anfang April hat sie in der Innenstadt eine „Plattform für junge Kunst“ eröffnet, die zudem einen niederschwelligen Kunstkontakt fördern möchte. Verspiegeltes Empfangspult und Hintergrundmusik in der Galerie „Bäckerstraße 4“ passen so wie der dunkelblau gebeizte Boden nicht recht zu den Standards von Neutralität, unter denen White Cubes sonst alle Aufmerksamkeit auf die Kunst lenken. Hinauf und hinunter geht es in der verwinkelten Galerie, die wenig gute Hängeflächen bietet.

Wie ein kleines Feuerchen

Im Entrée sieht man zwei bunte Gemälde von Robert Freund und Herwig Rumpl. Wie ihre sechs anderen Kollegen wurden die Studenten und frischen Magistri artis von einer Jury ausgewählt, zu der Eckhart Schneider vom Kunsthaus Bregenz oder die Galeristin Barbara Grässlin aus Frankfurt zählen. Das fantastische Szenario „Triebwerkschaden“ von Robert Freund, eine Art Neo Rauch auf LSD, kostet stattliche 6600 Euro. Die gestische Abstraktion auf ungrundierter Leinwand von Herwig Rumpl kommt auf 8100 Euro.

Neugierig macht die Installation von Thomas Gänszler, die kleine Schwarzweiß-Bilder, eine Skulptur und ein Plakat umfasst (8000 Euro). Infos über das Konzept fehlen, und mehr als der Lebenslauf ist in der Galerie nicht über den 1982 geborenen Wiener zu erfahren. Dafür liefert der Maler Gernot Fischer-Kondratovitch gleich selbst den Text: Das Gemälde „Die chinesische Mauer“ (1800 Euro) wird von einem handschriftlichen Zitat überzogen, den Hintergrund bildet eine schemenhafte Landschaft. Fernweh zeichnet auch die Bilder der 1980 geborenen Akademiestudentin Elisabeth Wedenig aus, die in die Tropen führen. Die lasierenden Farbschichten der Gemälde von Iris-Inés Feichtenberger lassen an Erwin Bohatsch denken, bemühen sich aber um mehr Dramatik (2300-8800 Euro). Aus unzähligen Cocktailspießen setzt Maria Stimm eine ihrer transparenten Skulpturen zusammen.

Um Kontextualisierung der Arbeiten hat man sich wenig bemüht. Die Preise auf den Namensschildern lassen auf reine Verkaufsevents schließen. Alle zwei Monate sollen die Namen durch eine neue Juryauswahl ausgetauscht werden. Andere Galerien begleiten ihre Neuzugänge über Jahre und beraten sie bei den Wellengängen der Karriere. Diese Aufbauarbeit scheint sich diese als „Plattform“ getarnte Kunsthandlung zu Gunsten schnell drehender Ware zu sparen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2008)

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