Salzburg: Theater: 30 Kondome und der Krieg

(c) AP (Kerstin Joensson)
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„Fünf Tage im März“ beim Young Directors Project der Salzburger Festspiele: Mühsam.

Während die Amerikaner im Frühling 2003 den Irak bombardieren, verbringt ein japanisches Pärchen einige Tage und Nächte im Stundenhotel. In einem Club haben sich die beiden kennengelernt, befeuert durch Alkohol. Sie verlieren das Zeitgefühl, kümmern sich nicht um ihre Arbeit, ohnehin nur flüchtige Teilzeitjobs. Die beiden schlafen miteinander, erst ohne, dann mit Kondom, waren es 30 oder 25 Mal? Im Fernsehen wird vom Ultimatum der USA an Saddam berichtet.

Das ist das Letzte, was die zwei Liebenden mitbekommen. Schemenhaft tauchen Ereignisse, Freunde am Rande des schwarzen Lochs auf, in das sie gefallen sind: Durch die Straßen zieht eine Demonstration zur US-Botschaft, umstellt von Polizisten. War das nicht früher anders, fragt einer der Jungen, die mehr zufällig mitmarschieren, waren wir nicht engagierter, tatendurstiger?

Dem Paar, das sich fünf Tage als Frist für seine Begegnung gesetzt hat, geht das Geld aus. Sie gehen essen, bekommen mit, dass in der Stadt und in der Welt irgendetwas los ist, aber im Großen und Ganzen fühlen sie sich wie im Urlaub. Am Ende trennen sie sich...

Statisch, undramatisch, unsinnlich

Es gibt wunderbare Filme über das Thema „plötzliche Begegnung, Leidenschaft“, z.B. Sofia Coppolas „Lost in Translation“, das ebenfalls in Japan spielt. Dort zählt Toshiki Okada zu den erfolgreichsten Theatermachern. Warum? Weil er zeigt, wie die Japaner ihre Eigenständigkeit und Vitalität verloren haben und im Strudel der Globalisierung unterzugehen drohen. Das steht im Programmheft. Es gibt noch einen Grund: Die langen Erzählungen, untermalt von einem formalisierten und stilisierten Kanon von Bewegungen, erinnern an die traditionellen japanischen Theaterformen No und Kabuki.

Freilich haben die Mimen mehr Möglichkeit sich zu entfalten, als es sonst im japanischen Theater üblich ist. Für westliche Augen wirkt „Fünf Tage im März“ dennoch statisch, undramatisch und unsinnlich. Von Sex und Leidenschaft, Wut und Empörung keine Spur, vermutlich ist das Teil des Konzeptes, aber es sorgt nicht gerade für Spannung. Die Aufführung hat etwas rührend Jugendliches, Zerstreutes, Unbeholfenes, als würden sich Halbwüchsige die Welt erklären. Das hat einen gewissen Charme, der aber nicht reicht, um den Zuseher 90 Minuten zu fesseln. pet

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2008)

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