St. Pölten: Das Festspielhaus geht auf „Weltreise“

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Joachim Schloemers erste Saison als Intendant: internationales Programm zum Mitmachen. Auch die Klassik kommt nicht zu kurz – etwa bei Konzerten mit dem Freiburger Barockorchester.

„So heterogen, so widersprüchlich, so verbunden, so verliebt“ sei die Gesellschaft, findet Joachim Schloemer, und so präsentiert sich auch das Festspielhaus St.Pölten, das diese abbilden soll, in der Saison 2009/10, der ersten des neuen Intendanten. Der lädt gleich zum Auftakt am 25./26.September das Publikum ein, das Theater nicht nur als Zuschauer und -hörer zu nutzen, sondern selbst ein aktiver Teil zu werden – in der „Verbotenen Stadt“, die das Raumlabor Berlin errichtet, als Tänzer auf der Eröffnungsparty oder mit Fragen bei der Podiumsdiskussion. Dass das niederösterreichische Tonkünstlerorchester aufspielt, ist Zeichen der Kontinuität. Doch Schloemer will nicht nur wie sein Vorgänger Michael Birkmeyer „den Vorteil der Provinz nutzen“, sondern vor allem auch einiges neu und anders machen.

Wichtig ist dem Regisseur und Choreografen der Tanz: Es werde eine „Weltreise am Ort“ – mit dem National Ballet of China, dem multikulturellen Akram Khan, dem Stück „Apocrifu“, bei dem zu korsischer Livemusik getanzt wird, zwei Arbeiten des New Yorker Shootingstars Aszure Barton, mit Tangoworkshops oder einem zweiwöchigen Australienschwerpunkt zum Beispiel. Beim von Manfred Aichinger und Nikolaus Selimov kuratierten Festival „Österreich tanzt“, das Ende Mai 2010 stattfindet, kommt dann auch die heimische Szene auf ihre Rechnung.

Roma-Chöre, Kinderoper und Klassik

Mit dem Schweizer Geiger Etienne Abelin und dem venezolanischen Videokünstler Victor Morales hat das Festspielhaus zwei Artists in Residence, die dem Haus über die Saison hinaus verbunden bleiben sollen. Sie werden auch an den Labors mitarbeiten, die sich verschiedenster Themen annehmen – von der Bewahrung der fast verlorenen Tradition russischer Roma-Chöre über das Sammeln und Aufführen von Beschwerden der Bürger von St.Pölten bis zum New York Labor, bei dem Barton und Morales mit der Violinistin und Sängerin Iva Bittová zusammenarbeiten. Abelin übernimmt auch die musikalische Leitung über ein Projekt in Kooperation mit dem Cape-Festival in Kapstadt: Mit jungen Künstlern aus Niederösterreich und Südafrika wird Benjamin Brittens Kinderoper „Noah's Flood“ einstudiert. „Es ist uns wichtig, dass die Programmpunkte untereinander auch vernetzt sind“, sagt Pressesprecherin Katharina Salzgeber, „dass es Verlinkungen gibt zwischen Tanz, Musik und Labors.“ Als Beispiel nennt sie das Labor „Barock21“: Dirigent Attilio Cremonesi geht dabei mit Musikern verschiedener Kulturen dem Lebensgefühl des Barock auf die Spur. Es wird zwischen Barock, Jazz und orientalischer Musik experimentiert und improvisiert – die Laborwerke werden von den Tonkünstlern präsentiert.

Auch die Klassik kommt nicht zu kurz – etwa bei Konzerten mit dem Freiburger Barock- und dem WDR-Symphonieorchester, mit den Tonkünstlern oder dem französischen Pianisten Pierre-Laurent Aimard. „Legen wir doch mal los“, sagte Schloemer bei der Präsentation seines ersten Saisonprogramms. Also dann... i.w.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2009)

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