Im Wortlaut: „Der Aufsichtsrat stellte keine Fragen“

(c) Clemens FABRY
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Der Rechnungshof beanstandet im Rohbericht die finanzielle Entwicklung am Burgtheater und beklagt, dass Jahresabschlüsse „wesentliche Fehldarstellungen“ enthielten. „Die Presse“ zitiert aus dem Bericht.

Die Tätigkeit der beiden mittlerweile entlassenen Mitglieder der Geschäftsführung der Burgtheater GmbH führte dazu, dass das Fremdkapital von 11,83 Mio. Euro (2007/08) auf 30,56 Mio. Euro (2012/13) stieg und das Eigenkapital von 15,66 Mio. Euro (2007/08) auf –10,29 Mio. Euro (2012/13) sank. Im Geschäftsjahr 2009/10 überschritt die Burgtheater GmbH das für Produktionen genehmigte Budget von 6,33 Mio. Euro um 5,82 Mio. Euro. Der Aufsichtsrat befasste sich mit dieser Überschreitung des Produktionsbudgets erst im Mai 2013. Die Quartalsberichte waren zur Steuerung und Kontrolle des Budgets ungeeignet; z. B. waren darin nur zwischen zehn und 21 Prozent der Investitionen dargestellt. Zu unterjährig aufgetretenen Planabweichungen der Liquidität von bis zu –1,31 Mio. Euro stellte der Aufsichtsrat keine Fragen. Der Aufsichtsrat fand bis Mai 2014 mit Zusammenfassungen der Berichte der internen Revision das Auslangen, die wesentliche Sachverhalte nicht enthielten.

Nicht nachvollziehbar war, dass die Prüfungshandlungen der Abschlussprüfungen der Geschäftsjahre 2011/12 zu keinen Einwendungen führten, weil die Jahresabschlüsse wesentliche Fehldarstellungen enthielten, wie buchhalterisch hohe Nutzungsdauer und Buchwerte von nicht mehr gespielten Bühnenproduktionen.

„Nicht immer nachvollziehbar“

Die Burgtheater GmbH zahlte an den früheren künstlerischen Geschäftsführer ab der Vorbereitungszeit (2006) bis zu seiner Entlassung (2014) rund 2,23 Mio. Euro aus und ordnete diesen Auszahlungen nicht immer einen nachvollziehbaren Leistungsgrund zu.

Gegenstand eines offenen gerichtlichen Verfahrens war, dass der frühere künstlerische Geschäftsführer die frühere kaufmännische Geschäftsführerin im Juli 2009 beauftragte, Bargeld in Höhe von 273.000 Euro in der Hauptkasse der Burgtheater GmbH zu verwahren. Im Anschluss daran fehlte dieser Betrag und hatte ohne entsprechende Dokumentation die Vermögensphäre der Burgtheater GmbH verlassen.

Die frühere kaufmännische Geschäftsführerin zahlte sich selbst unter Missachtung des Vieraugenprinzips im August 2008 zusätzlich 9400 Euro für nicht konsumierte Freizeit aus, ohne dass hierfür eine Rechtsgrundlage vorlag.

Die Burgtheater GmbH zahlte insgesamt rund 21,14 Mio. Euro an Beschäftigte oder Werkvertragsnehmer aus und bezeichnete diese Auszahlungen als ,Akonti‘. Für 80 Prozent dieser Buchungen oder 14,62 Mio. Euro dieser Auszahlungen lagen keine Belege vor.

Die Hauptkasse zahlte in den Geschäftsjahren 2008/09 bis 2013/14 insgesamt rund 37,00 Mio. Euro aus, davon rund 12,98 Mio. Euro in bar und rund 24,02 Mio. Euro von einem bei ihr eingerichteten Bankkonto.“
(red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2016)

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