Rechnungshof-Rohbericht: Hohe Barzahlungen und selten Belege

Im Burgtheater hat jahrelang nicht nur die Kunst, sondern auch Miss- und Freunderlwirtschaft regiert.  Für das Chaos sind mehrere Personen verantwortlich.
Im Burgtheater hat jahrelang nicht nur die Kunst, sondern auch Miss- und Freunderlwirtschaft regiert. Für das Chaos sind mehrere Personen verantwortlich.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Das Kontrollorgan beklagt, Millionenauszahlungen in bar am Burgtheater hätten „wesentliche Risiken wie Korruption, Verlust“ geborgen. Kritik gibt es auch an Ex-Ministerin Schmied.

Wien. Die Zahlungspraktiken der Burgtheater GmbH sind den Prüfern des Rechnungshofes ein besonderer Dorn im Auge. In dem der „Presse“ vorliegenden Rohbericht des Kontrollorgans noch ohne die Stellungnahmen der geprüften Stellen wird der ehemaligen Geschäftsführung des Theaters vor allem angekreidet, dass diese „entgegen ihrer gesetzlich vorgesehenen Verpflichtung“ kein entsprechendes internes Kontrollsystem eingerichtet habe.

►Millionen flossen in bar: Die Burgtheater GmbH zahlte laut Bericht im Prüfzeitraum insgesamt 11,77 Millionen Euro in bar aus. Die Folge waren hohe Verwaltungsausgaben und ein erhöhtes Sicherheitsrisiko. Wörtlich schreibt der Rechnungshof zu den über die Hauptkasse ausbezahlten Leistungen: „Die hohen Auszahlungen und die aufbau- und ablauforganisatorische Isolation der Hauptkasse bargen wesentliche Risiken wie Korruption, Verlust und fehlende Ordnungsmäßigkeit.“ Die Hauptkritik in diesem Zusammenhang richtet sich an die ehemaligen Mitglieder der Geschäftsführung des Burgtheaters, die der gesetzlichen Verpflichtung zur Installierung eines entsprechenden internen Kontrollsystems nicht nachgekommen waren. Über Weisung der Bundestheater-Holding sanken die Barzahlungen dann ab April 2014, wie die Rechnungshofkontrollore vermerkten, deutlich.

►Auszahlungen großteils ohne Beleg: Die offensichtlich gängige Praxis bei Barauszahlungen nimmt der Rechnungshof besonders ins Visier. Die Burgtheater GmbH zahlte in Summe in immerhin 7362 Fällen insgesamt rund 21,14 Millionen als sogenannte Akonti an Beschäftigte oder Werkvertragsnehmer aus. Dies obwohl dafür keine gesetzliche Verpflichtung bestanden habe und „eine vertragliche Verpflichtung nicht überprüfbar war“. Was noch erschwerend hinzukam war: Für rund 80 Prozent der Akonti lagen laut Rechnungshof keine Belege vor. Damit fehlte auch die Grundlage für ein internes Kontrollsystem.

Konkret wird im Rohbericht Ex-Geschäftsführerin Silvia Stantejsky zum Vorwurf gemacht: „Abläufe in der Hauptkasse sahen vor, dass schriftliche Anweisungen der früheren kaufmännischen Geschäftsführerin, die die einzige Grundlage für ,Akonti‘ von rund 14,62 Millionen Euro bildeten, nicht aufzubewahren waren.“ In einer Stichprobe von 65 Belegen fand sich, wie die Prüfer des Rechnungshofes feststellten, „nur ein einziger ordnungsgemäßer Beleg“. Die von der Burgtheater GmbH als Belege bezeichneten Dokumente stellten fast durchwegs „keine ordnungsgemäßen Belege dar“.

►Zahlungen und Spesen für Ex-Burgtheater-Chef: Die Burgtheater GmbH zahlte laut Rohbericht an den früheren künstlerischen Geschäftsführer Matthias Hartmann ab der Vorbereitungszeit 2006 bis zu seiner „Entlassung“ 2014 rund 2,23 Millionen Euro aus. Der Haken war dabei laut Rechnungshof: Diesen Auszahlungen war „nicht immer“ ein nachvollziehbarer Grund für die Leistung zugeordnet.

Die vertragliche Regelung der Burgtheater GmbH mit dem früheren künstlerischen Geschäftsführer war „von Rechtsunsicherheit und Intransparenz geprägt“. Eine Folge dieses Umstandes war, dass offen blieb, ob diesem „ein bereits ausbezahlter Betrag von rund 93.000 Euro zustand oder – zumindest teilweise – zurückzufordern war. In weiterer Folge führte die mangelnde Transparenz schließlich dazu, dass die Burgtheater GmbH zwei Gutachten um insgesamt satte 21.000 Euro einholen und ein Gerichtsverfahren anstrengen musste.

Außerdem wird beanstandet, dass die Burgtheater GmbH ihrem früheren künstlerischen Leiter in seiner Vorbereitungszeit rund 52.000 Euro an Reise-, Telefon- und Umzugsspesen zahlte, ohne die erforderliche Genehmigung der Bundestheater Holding einzuholen. Diese Spesen wurden außerdem bezahlt, ohne von ihm eine Rechnungslegung sowie „für den überwiegenden Teil der Beträge Originalbelege zu verlangen“.

►Kritik am Aufsichtsrat mit dem Vorsitzenden Georg Springer: Scharf kritisiert wird von den Rechnungshofprüfern auch der Umgang mit den Berichten der internen Revision der Bundestheater Holding. Sie geben damit dem Aufsichtsrat eine Mitschuld an der ganzen Misere. Denn: „Der Aufsichtsrat vertagte die Behandlung von Berichten der internen Revision auch dann, wenn in diesen, aufgrund von als bedrohend eingestuften Feststellungen, unverzüglich zu ergreifende Maßnahmen vorgeschlagen wurden.“ In diesem Zusammenhang wird überdies der damalige Geschäftsführer der Bundestheater Holding, Georg Springer, kritisiert.

Im Aufsichtsrat kamen am 28. Mai 2014 Bedenken angesichts der Ansiedlung der internen Revision bei der Bundestheater Holding zur Sprache. Ein Mitglied meinte, es sei nichts dagegen einzuwenden, die interne Revision in der Holding zu belassen. In einer Fußnote im Rechnungshof-Rohbericht wird angemerkt, dass es sich dabei um Georg Springer gehandelt habe.

Gegen ihn wird der Vorwurf erhoben, er habe als Geschäftsführer der Bundestheater Holding die vollständigen Revisionsberichte erhalten „und hätte daher jedenfalls auf die in der Detailberichterstattung des Berichts über ,Barzahlungen‘ enthaltenen Ausführungen zur Vorgangsweise der früheren kaufmännischen Geschäftsführerin zu reagieren gehabt“.

Schelte auch für Ex-Ministerin Claudia Schmied: Die damals zuständige Kunstministerin, Claudia Schmied (SPÖ), wird im Rohbericht ebenfalls nicht von Kritik verschont. Schmied habe den früheren künstlerischen Geschäftsführer, also Hartmann, zwei Jahre vor Vertragsende 2012 ohne Ausschreibung bis zum 31. August 2019 wiederbestellt. Dies, so bemängelt der Rechnungshof, „obwohl ihr Ressort über die sich verschlechternde wirtschaftliche Situation der Burgtheater GmbH informiert worden war“.

Chronologie

Burgtheater. Am 1. September 2008 tritt die frühere kaufmännische Geschäftsführerin Silvia Stantejsky ihre Funktion am Burgtheater an, am 1. September 2009 der künstlerische Geschäftsführer Matthias Hartmann. Am 11. November 2013 stellt der Abschlussprüfer in seinem ersten Entwurf des Gebarungsprüfberichts gravierende Mängel in der Buchführung der Burgtheater GmbH fest. Am 18. November 2013 wird Stantejsky entlassen und klagt dagegen. Am 11. März 2014 wird Hartmann durch Kunstminister Josef Ostermayer seines Amtes enthoben, Hartmann bringt Klage ein. Am 19. März 2014 wird Karin Bergmann vorerst interimistisch Burgtheater-Chefin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2016)

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