Unter Untoten in der Waldhütte

(c) Schauspielhaus Wien
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Im Schauspielhaus Wien werden die Theaterbesucher bei "Jinxxx" in einen Horror geleitet, den sie sich erst erarbeiten müssen.

Eine prächtig verlotterte Installation namens „Jinxxx“ ist derzeit im Schauspielhaus Wien zu sehen. Die Regisseure Thomas Bo Nilsson, Jens Lassak und Julian Wolf Eicke, die selbst in dieser Uraufführung mitspielen, laden die Besucher in einen Seitentrakt des Theaters in der Porzellangasse ein. Nilsson spielt eine Madame. Ihm und den sieben anderen Darstellern kann man ganz nahe kommen – der Theaterbesuch ist einzeln vorgesehen. Ab 18 Uhr wird das Publikum im Viertelstundentakt eingelassen, im Idealfall tummeln sich also bis Mitternacht an die zwei Dutzend Opfer im Horrorhaus. Wenn sie bereitwillig mitspielen, kann der Abend tatsächlich zu einem tollen Erlebnis werden.

Wer seine Karte im Foyer abholt, erhält zudem einen Jeton aus rosa Plastik und wird gebeten, nebenan zu läuten. Eine freundliche Hausherrin (Nilsson) und zwei nette Mädchen (Pia Wurzer, Lena Bösch) in leichter Berufskleidung begrüßen den Gast, bieten ihm Sekt an, schmeißen sich ran wie alte Bekannte aus angenehmen Club-Tagen. Bis eine von drei engen Kabinen frei wird, muss gewartet werden. Ob ich inzwischen nicht einen Film anschauen wolle? Gezeigt wird die jahrhundertealte Geschichte des Hauses Aschenbach, das ein Kino mit dem befremdenden Namen Jinxxx als Zubau erhielt. Da tauchen die bärtigen Aschenbach-Brüder leibhaftig auf (Georg Bütow, Wolf Eicke), die man eben im Film gesehen hat. Sie tragen Cowboyhüte, Hemden, Stiefel und sonst fast nichts. Auch sie sind ausnehmend freundlich, sie betreiben die Bar. Die ist in all den grindigen Räumen mit ihren vielen Gruselzitaten noch der gemütlichste Ort. Dort geht es lustig zu. Aber erst darf der neue Gast, der vorgibt, dass ihm Musik (Jacob Suske) und Filme Angst machen, mit einem der Mädchen großes Kino („Pretty Woman“) gucken und ein wenig kuscheln. Nein, Sauna und Hochzeitssuite sind derzeit leider nicht frei.

Untote in der Waldhütte

War da nicht ein Schrei? Eine Besucherin hat sich in einem engen, dunklen Gang gefürchtet, als sie am Ende ihr Spiegelbild auftauchen sah. Schon wird man wieder abgelenkt, in eine Kabine geleitet, in der amateurhafte Splatter-Movies gezeigt werden, darf seine Klaustrophobie ausleben, gelangt in einen Raum mit einer unheimlichen Alten (Lassak) und irren Begleiterinnen (Ute Reintjes, Vera von Gunten). Mit etwas Fantasie weiß man: In dieser Waldhütte leben Untote. Das Grundprinzip: Den Schrecken im Kopf erzeugen die Besucher selbst, die Darsteller bringen sie nur zuvorkommend, aber bestimmt in eine Endlosschleife. Wer in diese Performance selbst viel einbringt, kriegt auch weit mehr zurück. Dann kann diese herzige Begegnung richtig kreativ sein. (norb)

Bis 20. Dez., Dienstag bis Sonntag, jeweils 18 – 24 Uhr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2016)

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