Wiener Festwochen. „Ontologische Terrorismen“, „Heterotopie postidentitärer Wirklichkeiten“ und so weiter: Das heurige Programm strotzt vor wilden Begriffen. Ihre Unklarheit passt gut zur Vernunftkritik, die schon die erste Rednerin vertritt.
Für klare, einfache, verständliche Sprache ist sie nicht bekannt, die indische Literaturwissenschaftlerin Gayatri Chakravorty Spivak, die am Samstag um 17 Uhr die „Schule des Vergessens“ der Wiener Festwochen mit einem Vortrag im Rathaus eröffnet. Im Gegenteil: „Spivak ist von Kritikern häufig Unverständlichkeit vorgeworfen worden“, konstatierte ihre jüngere Kollegin Annika Nickenig anlässlich der deutschen Ausgabe von Spivaks Essay „Can the Subaltern Speak?“: „Tatsächlich sind ihre Texte sehr schwierig und vielleicht niemals vollständig zu verstehen.“
Das kann einer, der sich an Spivaks Texten versucht hat, nur bestätigen: Sie steht unüberlesbar in der Tradition der französischen Postmodernen à la Deleuze und Derrida, in deren Slang gesagt: Die Diskursräume, in denen sie sich bewegt, sind begrifflich nicht immer gut verortet.