Josefstadt: „Hans Moser sang mit Goebbels!“

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Franzobel(c) APA (Georg Hochmuth)
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Franzobel schrieb ein Stück über Moser, das am 25. 2. 2010 mit Erwin Steinhauer in der Titelrolle uraufgeführt wird. Herbert Föttinger erklärt, warum dieses Moser-Stück wichtig ist.

Er war das Idol des kleinen Mannes und ein Publikumsliebling: Filme mit Hans Moser (1880–1964) verschönern auch heute noch trübe Samstagnachmittage. Das Theatermuseum widmete Moser 2004 eine Ausstellung. Anders als Heinz Rühmann ließ sich Moser im Dritten Reich nicht von seiner jüdischen Frau scheiden. Sie musste nach Ungarn flüchten. Seit Jahren schreibt Franzobel für das Theater in der Josefstadt an einem Stück über Moser, das am 25. 2. 2010 mit Erwin Steinhauer in der Titelrolle uraufgeführt wird. Peter Wittenberg inszeniert die „Passion des Wochenend-Wohnzimmergottes“. Franzobel hat zuvor bereits Kafka, Unterweger, Mayerling und Mozart Stücke gewidmet. An Moser, so Franzobel, „lassen sich Hoffnungen und Ängste, Couragiertheit und Durchlavieren, Macht und Ohnmacht des Einzelnen in den Mühlen der Geschichte zeigen“.

Heidemarie Unterreiner, Kultursprecherin der Wiener FPÖ, nahm das Moser-Stück im Rahmen einer Tadeloffensive in Kulturangelegenheiten aufs Korn: Erst kritisierte sie, dass Ministerin Schmied nichts als Baustellen zu bieten habe. Dann erklärte sie, dass Moser in Franzobels Stück „als Feigling und Mitläufer der Nationalsozialisten gegeißelt wird“. Schließlich nahm sie Anstoß daran, dass Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann „die Bühne Demonstranten überlassen“ habe. Aus dem Schlagabtausch mit Franzobel entspann sich eine längere Kontroverse. Der Dichter replizierte, er schätze und liebe Moser und werde ihn keineswegs vom Sockel stoßen. Sein Stück spiele in der Gegenwart, er habe in seiner nächsten Umgebung recherchiert, nämlich bei sich selbst und herauszufinden versucht, „wie für einen manchmal feigen, manchmal mutigen Menschen“ Überleben möglich sei angesichts „einer menschenverachtenden, Hass predigenden, kleingeistigen Politik“ wie sie von der FPÖ betrieben werde. Unterreiner nannte Franzobel „platt“. Das Stück sei fertig, werde aber nicht vor der Uraufführung veröffentlicht, berichtet Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger der „Presse“: „Moser hat sich mit dem Dritten Reich arrangiert. Er hat aber auch mit Goebbels Heurigenlieder gesungen. Das ist ja alles bekannt.“ Seit Bernhards „Heldenplatz“ habe es keine Kontroversen gegeben. Föttinger freut sich: „Aufregung tut ganz gut. Das Entscheidende ist, dass Theater polarisiert. Es geht aber nicht um Beurteilungen, sondern darum, etwas aufzuzeigen.“ Sein Spielplan im Wiener Wahljahr 2010 wird politischer sein als bisher, die nächste Premiere am 26. 11. gilt Horváths „Jugend ohne Gott“: Das Buch (1937) handelt von der Brutalität der Jugend am Beginn des Dritten Reichs. Wie wird das Publikum das Moser-Stück aufnehmen?

Föttinger: „Es wird sich deklarieren.“ Und er selbst? „Ich denke auch darüber nach, wo ich gestanden wäre damals bzw. gestanden bin in der Zeit der schwarz-blauen Regierung. Man muss Haltung zeigen.“ bp

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2009)

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