"Schlechte Partie": Steinalt, aber gut gespielt

Das Objekt der Begierde (Marie-Luise Stockinger als Larissa) produziert sich vor älteren Herren. Der künftige Verlobte (Michael Maertens rechts als Karandyschew) sieht aus der Distanz sehnsüchtig zu.
Das Objekt der Begierde (Marie-Luise Stockinger als Larissa) produziert sich vor älteren Herren. Der künftige Verlobte (Michael Maertens rechts als Karandyschew) sieht aus der Distanz sehnsüchtig zu.(c) Reinhard Maximilian Werner / Burgtheater
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Alvis Hermanis setzt in seiner Inszenierung von Alexander Ostrowskijs später, grotesker Tragikomödie auf Tradition. Erzeugt werden Befremdung, einige Längen, aber auch fantastische Momente. Eine feine Leistung des Ensembles.

Larissa tanzt! Immer wieder tanzt diese zur Heirat bereitgestellte junge Frau vor gierigen Männern in Alexander Ostrowskijs Stück „Schlechte Partie“, das der Lette Alvis Hermanis fürs Burgtheater inszeniert hat. Das Publikum konnte bei der Premiere am Samstag die erfrischende Marie-Luise Stockinger mehrmals als tanzende Larissa Dimitrijewna begaffen. Das machen auch die reichen Kaufleute, verarmten Adeligen und biederen Bürokraten auf der Bühne. Sie staunen, wie Larissa sich im Salon ihrer kuppelnden Mutter Ogudalowa (Dörte Lyssewski) und dem ihres verachteten Verlobten Karandyschew (Michael Maertens) zu romantischer russischer Musik mit ihren Einlagen abmüht. Sie hat verwegenen Kopfputz auf, trägt schichtweise Folklore-Kleider und Tücher. Einmal wird sie aus ihnen vom Gegenspieler Karandyschews, dem windigen Paratow (Nicholas Ofczarek), ausgewickelt.

Diesen verarmten Adeligen, der soeben sein letztes Wolgaschiff verhökert hat, liebt Larissa angeblich. Aber ihr Tanz am Höhepunkt des Dramas, der im Abwickeln endet, zeigt bereits genau: Es wird nur zum Schein romantisiert, hier wird knallhart gehandelt. Am Ende sind Existenzen zerstört. Nein, Larissas Tanz, der an der Oberfläche Volksverbundenheit signalisiert, ist ein ganz anderer als jene berühmte Szene in Tolstois „Krieg und Frieden“, in der die junge Fürstin Natascha spontan zu tanzen beginnt, als sie bei Bauern ein altes Lied hört. Bei Ostrowskijs spätem Drama mit Musik, 1878 in Moskau uraufgeführt, von Alexander Nitzberg für die Burg übersetzt, ist alles Berechnung. Grell leuchtet er alles aus. Lebenslügen erhalten bei ihm nicht die Gnade der Dämmerung.

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