Kann man Gott betrügen?

Marta Kizyma, Tino Hillebrand und Hans Dieter Knebel als drei aufmüpfige Pinguine.
Marta Kizyma, Tino Hillebrand und Hans Dieter Knebel als drei aufmüpfige Pinguine.(c) Reinhard Maximilian Werner
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"An der Arche um acht" von Ulrich Hub ist ein umwerfend komisches Kinderstück über den Glauben. In der Burgtheater-Dependance gibt es leider nicht viel zu lachen.

Also drei Pinguine: Denen ist langweilig. Da stehen sie herum in Eis und Schnee und Schnee und Eis, streiten ein bisschen, damit die Zeit vergeht, etwa darüber, ob der eine stinkt, der andere nicht bis drei zählen kann und ob es einen Gott gibt. Und wie sie da so herumstreiten, fällt ein Satz, den wohl jeder Agnostiker schon einmal gehört hat: „Schau dich einmal um: Wer hat das alles gemacht?“ Die Antwort: „Besonders viel ist ihm bei dieser Gegend nicht eingefallen“.

Willkommen im Stück „An der Arche um acht“, das drei Freunde vor ein Dilemma stellt: Gott hat nämlich die Sintflut geschickt, und nur je ein Paar jeder Tiergattung hat Tickets für die Arche Noah bekommen. Aber die Pinguine sind ja zu dritt! Man kann einen Freund doch nicht einfach seinem Schicksal überlassen, oder? Deshalb überlegen sie nicht lang, der überzählige Pinguin wird in einen Schrankkoffer gesperrt und unter den Augen der gestrengen Taube an Bord geschmuggelt. Dass sie damit Gott betrügen? Ist ihnen offenbar egal. Der hat, finden sie, mit seiner Sintflut ohnehin überreagiert.

Ulrich Hub hat aus dieser Geschichte und den sich daraus ergebenden Glaubensfragen ein großartiges, komisches Stück gemacht. Nur sieht man das im Kasino des Burgtheaters nicht. Da mag Hans Dieter Knebel noch so wunderbar grummelig herumwatscheln und die entzückende Marta Kizyma noch so oft über die eigenen Füße stolpern und dabei einen Salto machen – es fehlt der Schwung. Es fehlt die Komik. Es fehlt vor allem das Gefühl für Timing. Regisseurin Julia Burger vergibt dabei sogar die simpelsten Gags: In einer Szene schimpft die strenge Taube (Brigitta Furgler), weil die Pinguine mit ihrem Krach noch die Löwen aufwecken würden – und schimpft und schimpft so laut, bis die wirklich aus dem Schlaf schrecken. Aber das ist im Kasino nicht lustig, weil Brigitta Furgler eher krächzt als brüllt. Oder: Der zweite Pinguin versteckt sich im Schrankkoffer, doch die Taube bemerkt, dass etwas faul ist. Sie möchte nachschauen. Da gibt sich der Pinguin in seiner Not als Gott aus, der im Koffer Ruhe gesucht habe und nicht gestört werden will. Das Problem: Die Stimme kommt hier nicht aus dem Koffer. Sondern, warum auch immer, über ein Band vom rechten Bühnenrand. Wer spricht da jetzt?

Beklemmende Lehrstunde

Das Ergebnis ist, dass man meint, einer etwas bemühten Lehrstunde in Sachen Theologie beizuwohnen plus einer Abhandlung über den freien Willen. Und man erinnert sich an eine Aufführung dieses Stücks vor zehn Jahren im Theater der Jugend, als Frank Panhans inszenierte, Ralf Bockholdt die autoritätshörige und autoritäre Taube in all ihren Facetten spielte und jeder Pinguin seine eigene, seine eigenwillige Persönlichkeit hatte und uns ans Herz wuchs.

Der Vergleich ist nicht ganz fair? Weil das Theater der Jugend für seine Aufführung ein ganz anderes Budget zur Verfügung hatte und die große Bühne des Renaissancetheaters? Wir sprechen hier vom Kinderprogramm der Burg. Die es schafft, dass diesmal sogar das Programmheft billig wirkt. Tippfehler inklusive.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2017)

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