Zum Jubiläum: Werfel und eine Schnitzler-Rarität

Petra Morzé spielt Blanche in „Endstation Sehnsucht“ von Tennessee Williams in Reichenau.
Petra Morzé spielt Blanche in „Endstation Sehnsucht“ von Tennessee Williams in Reichenau.(c) DIMO DIMOV
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Festspiele Reichenau. Heuer feiert das Festival seinen 30. Geburtstag mit einer Farkas-Revue und Publikumslieblingen.

Cella (15) ist eine hochbegabte Pianistin. Am 12. März 1938 soll sie erstmals ein Konzert geben. Daraus wird nichts. Franz Werfel, Emigrant und Bestsellerautor, erzählt in dem Romanfragment „Cella oder die Überwinder“ von der Zeit kurz vor und nach dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland und von Cellas Vater, einem jüdischen Anwalt, der alle Warnsignale ignoriert und verhaftet wird.

Er sei in das Buch regelrecht hineingekippt, so Bearbeiter Nicolaus Hagg bei der Programmpräsentation der 30. Festspiele in Reichenau in Wien. Die Premiere von „Cella“ mit August Schmölzer, Julia Stemberger, Martin Schwab findet am 5. Juli im Neuen Spielraum in Reichenau statt. Ohne eine Cella. Es sei unmöglich, jemanden zu finden, der so fantastisch Klavier spiele „wie der junge Gulda“ und außerdem noch souverän Cella verkörpern könne, meint Hagg. Die Abwesenheit der Hauptfigur werde der Aufführung, die Michael Gampe inszeniert, aber „ein besonderes Geheimnis verleihen“.

Es sei ein „seltsames Gefühl“, nach 30 Jahren noch immer da zu sein, erklärte Intendant Peter Loidolt und erinnerte sich, wie er mit seiner Frau, Renate, die Festspiele „aus dem Nichts gegründet“ hatte, in einem Theater ohne Infrastruktur, das als Kino genutzt wurde: „Es war ein Wagnis, das gut ausgegangen ist.“ Über 900.000 Besucher kamen seit 1988 nach Reichenau. Auch heuer rechnet man wieder mit über 42.000 Gästen. „Wir haben viel Stammpublikum, aber 50 Prozent neue Besucher“, betonte Renate Loidolt, die zuletzt die literarische Matinee (mit Senta Berger oder Joseph Lorenz) eingeführt hat, sie stellt heuer „Das falsche Gewicht“ von Joseph Roth über den Absturz eines Eichmeisters in der Donaumonarchie vor (mit Stemberger, Marcello de Nardo).

Renate Loidolt hat auch die Schnitzler-Rarität „Das Vermächtnis“ aufgetrieben: Ein junger Mann gesteht auf dem Totenbett, dass er eine Geliebte und einen Sohn hat, seine Familie soll die beiden nun versorgen. Hermann Beil inszeniert. Es spielen: Joseph Lorenz, Regina und Alina Fritsch, Stefanie Dvorak. Die Premiere ist am 4. Juli.

Heimliche Blanche-Probe im Garten

Eröffnet wird das Festival mit einer Reminiszenz. Vor 30 Jahren begann es mit einem Karl-Farkas-Abend, er wird diesmal auf Hugo Wiener und Fritz Grünbaum erweitert. Es spielen Peter Matić, Miguel Herz-Kestranek, Boris Eder, Chris Pichler, Maria Schuchter (ab 2. Juli). Schon als junges Mädchen habe sie daheim im Garten heimlich versucht, die Blanche zu probieren, zum Gaudium ihrer Geschwister, berichtete Petra Morzé. Nun wird sie die Rolle in der Regie von Beverly Blankenship spielen, die „Endstation Sehnsucht“ von Tennessee Williams inszeniert (ab 3. Juli). Zum Festspiel-Jubiläum erscheint auch ein Buch von Michaela Schlögl, das am 1. 7. vorgestellt wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2018)

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