Grazer Schauspielhaus: Groteske Männerwelt zerfetzt Lulu

Julia Franz Richter, gestaltet im Marilyn-Stil, ist in der rasanten Grazer Tiger-Lillies-Show eine großartige Lulu – die allerdings meist schweigt.
Julia Franz Richter, gestaltet im Marilyn-Stil, ist in der rasanten Grazer Tiger-Lillies-Show eine großartige Lulu – die allerdings meist schweigt.(c) Lupi Spuma
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„Lulu – Eine Mörderballade“ von den Tiger Lillies nach Wedekind begeistert das Publikum, macht aber auch die Verluste bei starken Bearbeitungen deutlich.

Ein dicker alter Kerl, der ein bisschen aussieht wie Kermit der Frosch, betritt die Bühne und schnüffelt. Was riecht denn da so betörend? Er wird ganz nervös. Andere Kerle kommen herbei, junge, alte, sie rollen mit den Augen, sie riechen ins Publikum, sie ziehen lüstern die Luft ein: Ein Aphrodisiakum hat sich ihrer bemächtigt. Aus dem roten Vorhang ragt ein schwarzes Bein in Lederhose mit High Heel, die Männer stürzen sich wie wild darauf, doch hervor tritt Schigolch, der Vater und erste Missbraucher der Lulu: Shig heißt er hier, ein Gangstername, Jörg Thieme spielt ihn.

Am Ende des Abends wird die blond gelockte Lulu, die bis dahin geschwiegen hat, doch noch zu Wort kommen und rufen: „My Heart Belongs to Daddy.“ Der erste Übergriff auf Mädchen findet oft durch den eigenen Vater statt. Aus Anlass der #MeToo-Debatte spielt das Schauspielhaus Graz „Lulu - Eine Mörderballade“ mit dem Untertitel „The Tiger Lillies nach Frank Wedekind“, die Uraufführung war 2014 in Leeds.

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