Off Theater: Virtueller Fight Club im Wiener Prater

LILIOM CLUB
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Nach seinem letzten Theater-Mash-up "Taxi.Speiber" paart Regisseur Ernst Kurt Weigel erneut einen Kult-Film mit einem Theaterklassiker. Diesmal „Fight Club“ von David Fincher und „Liliom“ von Franz Molnár.

Eines Nachts, berichtet Regisseur Ernst Kurt Weigel, saß er an der U2-Station Praterstern und wartete auf die U-Bahn. „Es war eine dieser besonderen Wiener Sommernächte. Die paar Nachtgestalten, die sich dort mit mir aufhielten, boten das selbe Bild wie auch die Menschen untertags: Alle starren mit gekrümmten Hälsen auf ihre Smartphones.“ Ruhig sei es gewesen, während die vielen Finger über die Screens huschten. Die Wartenden seien von der Wirklichkeit und der Schönheit dieses realen Nachtmoments abgeschnitten gewesen, überlegt Weigel. Gleichzeitig leben sie heimlich und virtuell „ein besseres, vielleicht aufregenderes, jedenfalls aber anderes Leben“ – vielleicht als Blogger, vielleicht als Hassposter.

Den Regisseur des Bernhard Ensembles erinnerte die Szenerie an David Finchers „Fight Club“, in dem sich ein Durchschnittstyp ein Alter Ego erfindet und Aggressionsorgien organisiert für Männer, „die sich endlich wieder einmal spüren wollen“. Doch warum stecken in so vielen Menschen unterdrückte Aggressionen, die sich ihren Weg heute durch virtuelle Kanäle bahnen?

Fragen wie diese, so Weigel, hätten ihn zu seinem neuen Mashup inspiriert – jener Form des Theaterstücks, in dem er einen US-Film mit einem Theaterklassiker zu etwas Neuem verschmilzt. Im konkreten Fall ist es Liliom geworden, die Nähe zum Prater „und meine spiralförmigen Gedanken um Gewalt, Aggression, Freiheit und Anarchie“ hätten ihn an Ferenc Molnárs Figur aus dem Schaustellermilieu im Budapester Stadtwäldchen erinnert.

„Liliom Club“ betrachtet die beiden Stücke nun durch die Brille der Wiener Gegenwart; Premiere ist am 9. Oktober im Off Theater; am 17. November wird dort auch "Taxi.Speiber" wiederaufgenommen, darin trifft „Taxi Driver“ auf den Herrn Karl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2018)

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