Barenboim: "Preis des Krieges ist völlig inakzeptabel"

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Mit einer eindringlichen Mahnung an die Streitparteien im Nahen Osten hat Daniel Barenboim am Montag im Großen Festspielhaus seine Rede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele kulminieren lassen.

Mit einer eindringlichen Mahnung an die Streitparteien im Nahen Osten hat Daniel Barenboim am Montag im Großen Festspielhaus seine Rede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele kulminieren lassen. Er fühle sich persönlich zerrissen durch den Bruch zwischen Israelis und Palästinensern, sagte der weltberühmte Dirigent und Pianist, der sich um Ausgleich zwischen diesen Völkern bemüht.

Barenboim, der auch von ersten Erinnerungen an Salzburg Anfang der Fünfzigerjahre erzählte, als er neun war, vom Erwachen seines musikalischen Interesses und der ersten Konfrontation mit der Nazizeit, zitierte den ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker: „Für den Frieden muss man auf den anderen zugehen.“ Das hebräische Wort Shalom sei mit dem für Vollkommenheit verwandt. „Der Frieden verlangt Vollkommenheit von Gerechtigkeit, Strategie, Mitgefühl.“ In Nahost gebe es zwei Völker, die felsenfest von ihrem Recht auf dasselbe Stück Land überzeugt seien: „Man darf aber nicht warten, bis der andere kommt. Man muss den anderen als gleichberechtigt ansehen.“ Zwischen Israelis und Palästinensern sei zwingend notwendig, dass einander alle Fraktionen anerkennen. Verzicht, auch von Israel, werde schließlich zu seiner Rettung beitragen. „Alles andere ist keine Lösung. Der Preis des Krieges ist völlig inakzeptabel.“ Seine Währung: Menschenleben.

Im Vergleich zu dieser beeindruckenden Rede fielen die übrigen Statements beim Festakt etwas ab. Kulturministern Claudia Schmied bekannte sich zur „Verantwortung der öffentlichen Hand zur Kulturförderung“. Bundespräsident Heinz Fischer bezeichnete die Festspiele als „Fixstern im österreichischen Kulturhimmel“ und machte einen historischen Exkurs in die Gründerzeit des Festivals 1920, als in Wien durch Kelsen die Verfassung geschaffen wurde.

Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler schwelgte zum 90.Jubiläum des Festivals wie Barenboim in Erinnerungen, über „großes Welttheater auf der Bühne, neben der Bühne, hinter der Bühne“. Sie begrüßte im Speziellen den Komponisten Wolfgang Rihm, dessen „Brahmsliebewalzer“ dann vom Mozarteumorchester unter Ivor Bolton gespielt wurde.

Der scheidende Intendant Jürgen Flimm sah seine Salzburger Zeit als die für ihn wichtigste künstlerische Phase, zitierte ausgiebig Max Reinhardt über den Elementartrieb des Theaters: „Nichts Menschliches ist uns fremd.“ Auf Flimms vorzeitigen Abgang ging auch Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller ein: „Wir haben dich nicht vertrieben“, sagte sie versöhnlich, „im Gegenteil, Salzburg wird dich vermissen!“ norb

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2010)

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