Wiener Festwochen: Der Gastarbeiter in Feierstimmung

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Symbolbild(c) APA (MARTIN FICHTER)
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Alexander Nikolic bringt mit „New Bohemian Gastarbeiter Opera“ die Stimmung eines „Jugo“-Beisels aus den Sechzigerjahren auf die Bühne des WUK. Für die Musik sorgen ein Chor und die Alleinunterhalterin Lili.

Es ist nicht der „Migrant“, der diesen Abend gestaltet, auch nicht der „Mensch mit Migrationshintergrund“. Die Doku-Performance „New Bohemian Gastarbeiter Opera“ (am 5. und 6. Juni im WUK) von Alexander Nikolic erweckt den verpönten Begriff „Gastarbeiter“ zu neuem Leben und zeigt vor allem eines: wie dieser „Gast“ feiert.

Es gelingt dieser Inszenierung, die Stimmung eines „Jugo“-Beisels aus dem Wien der Sechzigerjahre in den großen Saal des WUK zu bringen. Oder die Atmosphäre eines Dorffestes im sommerlichen Serbien. Gesungen wird hauptsächlich auf Serbisch, alle dürfen rauchen, an der Bar können die Zuseher Bier, „russisches Kokain“ (Wodka mit Zitrone und Kaffeepulver) und frittierte Sardellen kaufen.

Für die Musik sorgen ein Chor und die Alleinunterhalterin Lili. Sie singt serbische Interpretationen deutscher Schlager von seinerzeit. Auch die Zuseher sind Teil der Inszenierung, nicht nur gastronomisch. Sie können SMS-Botschaften schicken, die auf eine Leinwand projiziert werden. „Ich mag Demonstrationen und Spaziergänge im Regen. Ruf an“, stand bei der Premiere am Samstag zu lesen, darunter eine Handynummer. Oder, im Sinne der internationalen Arbeiterbewegung: „Avanti Popolo!“ („Vorwärts, Volk!“) aus der „Bandiera rossa“. Und weil es von Anfang an sehr verqualmt war, entwickelte sich auch ein SMS-Disput über das Rauchen bzw. Nichtrauchen während der Vorstellung.

Jörg Haider im Doppelpack

Ein Highlight waren die beiden (im 16. Bezirk gecasteten) bemerkenswert authentischen Haider-Doubles, die während der Vorstellung in Trachtenmode durch die Reihen gingen und Zuseher dazu aufforderten, mit ihnen Boccia zu spielen. Später holte Nikolic sie auf die Bühne. „Jetzt wissen wir, was mit österreichischen Steuergeldern passiert“, sagte einer der Haiders: „Die rot-grüne Kulturmafia schleust im Rahmen der Festwochen Ausländer nach Österreich.“

Die „Gastarbeiter Opera“ präsentiert sich als Baustelle: Stück für Stück wird hier die Geschichte der Migranten aus Ex-Jugoslawien montiert – im Pfusch, versteht sich. Es entsteht ein anarchistisch-lustiger Abend – Struktur war nicht zu erkennen, aber doch ein bisschen Politik: „We don't need no integration“, ist Nikolics Neuinterpretation von Pink Floyds „Another Brick in the Wall“. „Hey, Kurz, leave us alone!“, heißt es da.

Übrig bleibt Vages vom Fremdsein, denn der Gastarbeiter ist gar nicht richtig da, sollte er doch in absehbarer Zeit wieder nach Hause zurückkehren. „Er hat ein Recht auf Arbeit“, heißt es, „nicht auf das Leben.“ Nikolic widerspricht heftig, durch seine laute, freche Arbeit. Der Gastarbeiter, sogar im Proletariat ganz unten, bekommt in dieser Inszenierung eine Stimme: Er wird zum singenden, tanzenden, lebenden Subjekt.

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