"Rectify": Das Echo der Todeszelle

Daniel Holden saß 19 Jahre in der Todeszelle
Daniel Holden saß 19 Jahre in der Todeszelle(c) Arte
  • Drucken

In der Serie "Rectify" wird Daniel Holden nach 19 Jahren im Todestrakt wieder freigelassen. Seine Wiederentdeckung der Welt ist poetisch, schön und unheimlich.

Anmerkung: Ich habe die zweite Staffel von "Rectify" noch nicht gesehen, dieser Text ist spoilerfrei.

"Rectify" ist ein wenig untergegangen im vergangenen Jahr. Das mag an den großen Serien-Hypes, etwa der letzten Staffel "Breaking Bad", gelegen sein, oder am tristen Thema. In "Rectify" wird Daniel Holden aus dem Todestrakt entlassen. 19 Jahre saß er im Gefängnis, mehr als sein halbes Leben. Er soll als 18-Jähriger seine damalige Freundin Hanna vergewaltigt und ermordet haben. Entlassen wird er nicht, weil seine Unschuld bewiesen wird, sondern wegen eines Formfehlers.

Ein neues Mordverfahren hängt wie ein Damoklesschwert über ihn. Ob Daniel das etwas ausmacht oder nicht, das lässt sich schwer sagen. Nach den Jahren in fast völliger sozialer Isolation gibt es für ihn keine "Normalität". Er tappst vorsichtig durch die ihm fremd gewordene Welt. Zu einem kleinen Bruder, den er noch nicht kennt. Zu einem Stiefvater und Stiefbruder, die seine Stelle eingenommen haben. Und zu seiner loyalen Schwester, die ihn vor der Vollstreckung des Todesurteils bewahrt hat.

Ist Daniel Holden nur seltsam oder auch gefährlich?

Seltsam sei er immer gewesen, sagen die Leute in der Serie über ihn. Manchmal benimmt er sich wie ein Teenager, manchmal wie ein Kind auf Entdeckungsreise in einer Welt voller Abenteuer. Und manchmal tut er Dinge, die wir von diesem sanften, stillen Mann nie erwarten würden. Daraus zieht "Rectify" die Spannung: Etwas brodelt in Daniel. Ist er vielleicht doch der Mörder von Hanna, die er doch so geliebt hat? Diese Krimi-Erzählung kontrastieren poetische Bilder und das gemächliche Tempo, in dem sich die Serie entfaltet.

Hauptdarsteller Aden Young wandelt auf dem schmalen Grat zwischen "seltsam" und "wahnsinnig" mit schlafwandlerischer Sicherheit. Ebenso sehenswert sind Abigail Spencer als aufopferungsvolle Schwester und Adelaide Clemens als hochreligiöse Seelenverwandte.

Oscarpreisträger Ray McKinnon hat "Rectify" eigentlich für den Sender AMC ("Breaking Bad", "The Walking Dead") entwickelt, realisiert hat sie schließlich der Sundance Channel. Nach der Ausstrahlung der ersten paar Folgen wurde die Serie um eine zehnteilige zweite Staffel verlängert, die in den USA bereits gezeigt wurde. Staffel drei ist in Planung.

Arte zeigt "Rectify" seit 16. Oktober in Doppelfolgen ab 22.50 Uhr. Einzuschalten lohnt sich.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.