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Poet "Der Nino" aus Wien: Dichten ist normal

Der Nino
Der Nino(c) Julia Stix
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Und Lieder schreiben eine Notwendigkeit, findet der Singer/Songwriter "Der Nino" aus Wien. Dass man ihn mit dem jungen André Heller vergleicht, macht ihm ganz und gar nichts.

TIPP

Es mag andere geben, die virtuoser Gitarre spielen, souveräner reimen und einen deutlich cooleren Künstlernamen als „Der Nino aus Wien“ haben. Doch Nino Mandl besitzt das, was den meisten Kollegen abgeht: unverbrüchliche Originalität. Der 22-Jährige aus Hirschstetten nimmt in seiner Poesie erstaunliches Risiko und hat ein Händchen für extrem attraktive Melodien. Sein Dialektsong „Du Oasch“ wird auf der nächsten FM4-Selection drauf sein. Und seine auf dem Label Problembär (Firmensitz am Rennbahnweg!) erschienenen, mal elegischen, dann wieder überraschend energischen Alben „The Ocelot Show“ und „Down in Albern“ werden jetzt vom renommierten Vertrieb Hoanzl betreut. 

Haben Sie als Beatles-Fan schon die neu restaurierten Beatles-Alben gehört?

Alle lieben die Beatles. Ich mag am liebsten ihre psychedelischen Songs. Ihr Einfluss auf mich ist eine durchwegs ­unbewusste Sache. Aber gekauft hab ich sie noch nicht. Die Mono-Box ist ja nicht gerade billig.

Wann haben Sie die besten Einfälle?

Ich bin nachtaktiv. Ich habe erst einen einzigen Song, nämlich „Hab keine Angst“, tagsüber geschrieben.

Wieso ist „Du Oasch“ Ihr einziges Dialektlied?

Ist es ja nicht. Es ist nur das Einzige, das veröffentlicht ist. Am Anfang hatte ich Bedenken, im Dialekt zu schreiben. Ich hielt das immer geheim. „Du Oasch“ hab ich einmal spontan bei einer Bandprobe vorgespielt, und alle haben es super gefunden, also kam der Song aufs Album.

Welche Art von musikalischer Ausbildung haben Sie?

Im Musikunterricht in der Schule hab ich nicht wirklich was gelernt. Ich war nur eine Stunde lang im Gitarrenkurs. Der Lehrer hat mir gesagt: „Du darfst kein g spielen, wenn du vorher ein e-Moll spielst.“ Dann hab ich zu ihm gesagt: „Nein, ich will das aber. Das ist schön.“ Und hab den Kurs verlassen und mir das Spielen selber beigebracht.

Sie sind Anfang 20. Ihre Generation hat im Grunde verlernt, Musik zu kaufen. Wie sehen Sie das Problem?

Das ist ziemlich katastrophal. Es gibt natürlich schon noch Leute, die CDs kaufen, aber vor zehn Jahren hätte ich mehr absetzen können. Vinyl ist ja auch nicht gerade der Renner. Der Sir Tralala hat sein Album auch auf Vinyl pressen lassen. Jetzt hat er 300 Platten zu Hause herumliegen, weil es offenbar schwer zu verkaufen ist.

Toller Künstlername: Sir Tralala. Zumindest darin ist er ziemlich unschlagbar ...

Na, ich finde den musikalisch auch total gut. Er ist auf beiden meiner Alben dabei.

Das mit dem Klebstoffschnüffeln mit 15 Jahren in der offiziellen Bio klingt nach Fake. Oder stimmt das?

Das hab ich zum Spaß geschrieben, und dann haben es ­diverse Medien abgeschrieben. Und meine Großmutter hat das mitbekommen. Ich hab sie dann beruhigen müssen. Wenn einmal so ein Mythos in Umlauf ist, dann kriegt man ihn nur mehr sehr schwer weg. Aber mehrere Bios zu haben ist trotzdem nicht ganz schlecht.

Ihre Kunst wird gerne mit der des jungen André Heller verglichen. Schmerzt das oder ist das okay?

Wieso fragen immer alle, ob das schmerzt?

Na ja, der hat wohl einige gute Songs gemacht, ist aber extrem selbstverliebt und zockt reiche Leute ab, ­indem er ihnen erklärt, was Fantasie ist. Das ist ja nicht extrem sympathisch, oder?

So kenn ich ihn nicht. Ich finde sein Livealbum aus den 70ern toll, und auch sein Wienerlied-Album mit Qualtinger.

André Heller inszenierte sich gerne als Poet. Sie ­wagen auch Dinge mit Worten, die sich andere nicht trauen würden. Wie kommt’s?

Mein Vater hat viel Heller gehört, und mir kamen seine Texte ganz normal vor. Ich habe mich schon früh mit Sprache ­beschäftigt. Ich habe mit 14 so ähnliche Experimente ­gemacht wie der Ernst Jandl, ohne dass ich wusste, dass es ihn gibt. Später, als ich Jandl las, spürte ich eine starke Verbindung zwischen uns. Auch Peter Altenberg ist ein Held von mir.

Sie hatten kürzlich in Berlin Ihren ersten Auslandsauftritt. Welche Erfahrung war das?

Das war sehr schön. Interessant war, dass das Publikum nach dem Konzert mit mir reden wollte. Das gibt es in Wien kaum. Durchaus auch auf kritische Art. In Berlin hatte ich beinah so was wie Streitgespräche über meine Texte.

Was sagt Ihre Familie zu Ihrer Musik?


Ich glaube, die mögen sie. Wahrscheinlich weil sie’s im ­Radio hören.

Muss die Oma jetzt auch FM4 hören?

Nein, aber da gibt es eine lustige Geschichte. Ich hab meiner Großmutter meine CD „Down in Albern“ gegeben. Da sind ein paar Songs sehr seltsam aufgenommen. Auch das erste Lied „Zimmer zu vermieten“. Da ist so ein Rauschen. Und die Großmutter hat gedacht, ihr CD-Player sei kaputt, und hat ihn weggeworfen.

Was bedeutet Ihnen Songschreiben?


Eine Notwendigkeit. Ich kann es einfach nicht zurückhalten, das Liederschreiben. Es gibt einem ein seltsames, aber gutes Gefühl, ein Lied zu komponieren. Songs zu schreiben ist Arbeit. Schöne Arbeit. Aber immer ein bisschen schmerzvoll.

Der Nino aus Wien live 21. 11. Ragnarhof, 25. 11. Flex, 19. 12. Rhiz

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