Pfeffer & Konsorten: „Gööba Waen“ im Hinterzimmer

Dreiklang. Thomas Pfeffer (l.) und Konsorten: Martina Zinner und Florian Wisser.
Dreiklang. Thomas Pfeffer (l.) und Konsorten: Martina Zinner und Florian Wisser.(c) Carolina Frank
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Gitarre, Kornett, Trompete und dreimal Stimme: Pfeffer & Konsorten kreieren Wiener Lieder entlang ironischer Bruchlinien.

Es ist ja alles ganz unkompliziert. Zusammensitzen halt und einfach das tun, worauf man Lust hat. „Und wir hatten eben große Lust, zu singen. Mehrstimmig vor allem“, erzählt Thomas Pfeffer. „Wenn man dann singt und gleichzeitig den anderen beim Singen zuhört, dann wird’s interessant“, sagt Martina Zinner. Das sei schon so ein spezielles Gemeinschaftserlebnis, das „sich ansonsten schwer erzeugen lässt“, meint Pfeffer. Und was man singen könnte, das wussten die drei eigentlich auch schon. Jedenfalls nicht die Texte anderer. Lieber jene, die Pfeffer ohnehin schon fleißig fabriziert hatte. Schließlich begann Zinner noch, Kornett zu lernen. Und außerdem packte Florian Wisser seine Trompete wieder aus, die er seit seiner burgenländischen Blasmusik-Jugend kaum in der Hand gehabt hatte. So ist es dann passiert: Pfeffer und Konsorten waren sich selbst als Zuhörer nicht mehr genug. Und gingen auf die Bühne, die für sie gern auch mal das Wirtshausstüberl sein darf.

Mit den etwas konventionelleren Formen von Bühne waren die drei ohnehin schon vertraut. Pfeffer und Wisser sind auch Teil des Ersten Wiener Heimorgelorchesters, Zinner ist Mitglied des Theaters im Bahnhof in Graz. „Wir haben auch schon längere Zeit mehrstimmig gesungen. Trotzdem war es fast erstaunlich“, sagt Wisser, „wie langsam wir uns weiterentwickelt haben“. Doch im Gegensatz zu Heimorglern und Theater konnten sich Pfeffer, Zinner und Wisser mit ihrer neuen Formation etwas „befreien“. Von so manchen Zwängen, vor allem auch in Form von Kabeln und Equipment. Eine gewisse Sehnsucht wurde da schon gestillt, gibt Pfeffer zu: das Glück der unverstärkten musikalischen Darbietung. Eine Gitarre, ein Kornett, eine Trompete. Hinsetzen und los geht’s. Die eigene Stimme hat man ohnehin immer dabei. Das funktioniert auf der Wiese in Litschau genauso wie im Pelikanstüberl im Weinhaus Sittl in Wien. Auch wenn die Zuhörer nebenbei entspannt die Gläser zum Mund führen, ein bisserl Aufmerksamkeit brauchen die Lieder dann doch. Denn sie machen schon deutlich: Hier ist der Text der Überbringer der Botschaft. Verfasst hat ihn Thomas Pfeffer. Im Dialekt. In einer ostösterreichischen Varietät des Deutschen, die dem Autor eine ungewohnte Metaphorik und neue Möglichkeiten der innovativen Kollokation erschlossen hat, wie Pfeffer auch selbst festgestellt hat. Da begegnen sich plötzlich innerhalb eines Satzes, eines Verses, eines Refrains, eines Liedtextes Wörter, die früher nicht allzu viel miteinander zu tun hatten. Wie „gelb“ und „Wein“ etwa. Wenn Pfeffer sie dann aber im Dialekt locker zusammenfügt, klingen sie plötzlich wie seit jeher untrennbar: „Gööba Waen“ etwa kann man auch fast als Schlüssellied von Pfeffer und Konsorten verstehen. Denn Input aus dem Fass und Zapfhahn gehört auch zur Kultur vieler Auftrittsorte, die sich die drei regelmäßig suchen. Jedenfalls haben sie sich vorgenommen, im Hinterzimmer, im Stüberl, im Wirtshaus selbst das erste Bier erst nach der Darbietung von „Gööba Waen“ zu trinken. Der Logik wegen.

Musikalisch bewegen sich die Stücke entlang des Wienerlieds. Aber auch inhaltlich, wie Zinner sagt: „Weil es immer wieder auch um Themen wie Alkohol, Tod oder das Grantigsein in der Früh geht.“ Doch gängige Topoi bemühen die Texte natürlich auch, um sie humorvoll zu konterkarieren. Und solange die Wörter ihre Anker ins Hirn der Zuhörer werfen, kann gar nicht zu viel des Süßlich-Rührseligen des Wienerlieds ins Gemüt tropfen. Da darf sich dann doch eher eine ironische Bruchlinie programmatisch entlang der Melodie entfalten.

Fabelwesen. Eine Schatzkiste ist der Dialekt für Menschen, die Wörter so gern aneinanderreihen wie Thomas Pfeffer. Gern reizt er das neue Repertoire aus, das sich ihm eröffnet. Wenn sich plötzlich ganz neue Dinge aufeinander reimen etwa. Pfeffer ist schon für das Erste Wiener Heimorgelorchester einer der Wortklauber, genauso wie für seine eigene Lyrik. Gern nimmt er die Wörter in die Hand, um sie wieder hinzusetzen, wo man sie nicht einfach so vermuten würde. „Unsere Lieder sind für alle, die das Wienerlied mögen oder eben nicht mögen.“ Mit Texten, die mehr als Begleitmusik sein wollen. Und daher auch eher in Wirtshäusern ins Ohr gehen, in denen sich neben der Trink- und Esskultur auch so etwas wie eine Zuhörkultur entwickelt hat. Denn Pfeffer und Konsorten haben einiges zu erzählen. Fabeln sogar, in denen nicht Tiere allzu menschlich leiden, sondern die Dinge. An körperlichem Verfall etwa. Wie der Luftballon, der im Stück „Loss dae Gsicht hoet Foetn weafn“ mit dem Spiegel über die Vergänglichkeit parliert: „So schiach wia haet woa i no nii, dengt da Ballon mit Nos­talgie. Woa do no fua Kuatsn east gonts glott und ned faschrumplt heast.“

Tipp

Nächste Auftritte. Am 4. Mai im Pelikanstüberl im Weinhaus Sittl in Wien (20 Uhr). Am 11. Mai im ­Rahmen des Lendwirbels in Graz, Santa-Lucia-Bühne am Lendplatz (16 Uhr). Am 1. 6. in der „Weinbar kosBAR“, Esslinger Hauptstraße 66, 1220 Wien (20h) www.pfefferundkonsorten.at

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