Pop

Shakin' Stevens spielt kein Weihnachtslied

Shakin' Stevens im Gasometer.
Shakin' Stevens im Gasometer.(c) Erich Kocina
  • Drucken

Konzertkritik: Er versucht erst gar nicht, die 80er-Nummern wie damals klingen zu lassen. Und er hat keine Scheu, auch das ernstere neuere Material zu spielen. Shakin' Stevens feiert im Gasometer eine Oldie-Show in Würde.

Nostalgie auf Konzertbühnen ist eine zwiespältige Sache. So schön es ist, die Gefühlswelt von damals musikalisch wieder zurückzuholen, so schmerzhaft kann es auch sein. Wenn nämlich am Ende übrig bleibt, dass es früher halt doch besser war. Shakin' Stevens ist diese Gefahr bewusst. Darum versucht er erst gar nicht zu verstecken, dass er nicht mehr der hüftschwingende Pop-Rockabilly aus den 80ern ist. Die weißen Turnschuhe, die Jeans und das rosa Jackett sind einem dezenten schwarzen Anzug und einer getönten Brille gewichen. Und seinen gefälligen Pop steckt er – darf man altersadäquat sagen? – öfter in ein bluesiges Gewand.

„Turning away“ etwa verliert so am Freitagabend im Wiener Gasometer die ursprüngliche Spritzigkeit, bekommt dafür aber mehr Tiefe. Seine poppige 1981er-Version des Rock'n'Roll-Klassikers „Green door“ funktioniert auch mit Mundharmonika nicht so schlecht. Und mit den Chuck-Berry-Covers „Don't lie to me“ und „It's my own business“ zeigt er auch noch, wo seine musikalischen Wurzeln liegen.

Aber natürlich, die Fans sind vor allem für die Nummern gekommen, die in ihrer Jugend in der Hitparade – ja, das hieß damals noch so – rauf und runter gespielt wurden. Und ja, bei „A Love Worth Waiting For“, „A Letter To You“ oder „Cry Just A Little Bit“ dürfen sie mitsingen. So wie damals.

Das Glucksen fällt weg

Dass Shaky, wie er trotz seiner bald 71 Jahre immer noch gerne genannt wird, bei „Give Me Your Heart Tonight“ die hohen Töne nicht mehr ganz trifft? Soll sein. Auch das Glucksen bei „You Drive Me Crazy“ fällt aus, dafür dehnt er stimmenschonend die Vokale im Refrain eben etwas länger.

Neues Material, das ist bei einer Oldie-Show immer gefährlich. Da werden die Besucher oft unruhig. Und warten, bis sie endlich wieder die alten Sachen mitträllern können. Shakin' Stevens nimmt das Risiko – und spielt mehrere Nummern seines sehr persönlichen 2016er-Albums „Echoes Of Our Times“. „Suffer Little Children“ über die Leiden seiner Vorfahren in den Kupferminen, „The Fire In Her Blood“ über seine Großmutter, die in der Heilsarmee diente. Und bei „Last Man Alive“, dem Ende des regulären Sets, signalisieren auch die Filmprojektionen von Schwerindustrie und Umweltschäden im Hintergrund, dass Shakin' Stevens nicht auf harmlos-poppige Liebeslieder reduziert werden möchte. Auch wenn er sich öffentlich nach wie vor unpolitisch gibt.

Aber natürlich, der Jubel ist dann doch größer bei Klassikern wie „Marie Marie“ und „Oh Julie“. Ohne Hüftschwung, aber doch mit Elan. Würdevoll, halt. Und nein, geblödelt wird nicht – als in einer Pause von den Rängen sein 1985er-Welthit „Merry Christmas everyone“ gegrölt wird, ignoriert er das nicht einmal. Aus dem Alter ist er wohl raus.

>> Setlist

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

In den 1980er-Jahren war Shakin' Stevens auch über seine Heimat Großbritannien hinaus ein Superstar.
Salon

Shakin' Stevens: „Wenn deine Zeit um ist, ist sie um“

In den 1980er-Jahren war er ein Superstar. Zuletzt brachte Shakin' Stevens ein sehr persönliches Album weitab vom Rock'n'Roll früherer Tage heraus, das er auch in Wien live vorstellen wird.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.