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Schrammelklang: Klezmer, Elfenklänge und Bundesbahn-Blues in Litschau

Yxalag aus Lübeck war eine der Überraschungen des Festivals.
Yxalag aus Lübeck war eine der Überraschungen des Festivals.(c) Christian Bendl/Schrammelklang Festival
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Das Festival im nördlichen Waldviertel zeigte einmal mehr die Vielfalt und Offenheit des wienerischen Genres.

Yxalag – nie gehört? Es ist auch ein Kunstwort, für einen Kranich, den das gleichnamige deutsche Klezmer-Ensemble quasi als Maskottchen erfunden hat. Dass es sich rückwärts als Galaxy liest, ist wohl auch kein Zufall. Etliche Besucher des Schrammelklang-Festivals raunten jedenfalls dieses Wort, wenn sie einander bei ihren Wegen um den Herrensee begegneten. Tatsächlich war diese Band aus Lübeck – was ja zumindest geografisch zum heurigen Schwerpunkt auf Musik aus dem Norden passt – eine der Überraschungen des Festivals. Sie übertrug Traditionelles ins Heute, ließ etwa eine alte jiddische Geschichte in einen Klezmer-Rap münden: Da wurde melancholisch-schwungvoll von Schicksalen erzählt, etwa jenem einer genötigten Braut im Kindesalter, von Geigen und Viola verkörpert, die sich gegen ihr Schicksal und die aufmüpfigen Posaunenklänge wehrt. Die sieben jungen Musiker spielen traditionell, ohne zu verklären, sie gefielen mit Esprit auf der Basis fundierten Könnens, samt Einflüssen von Balkan-Beat, Swing, Tango und Klassik.

Eine Entdeckung war auch die Gesangskapelle Hermann, die ihre bissigen wienerischen Texte im A-cappella-Format präsentierte. Mit viel Boshaftigkeit sang sie von der Undankbarkeit der Vater- und Mutterrolle ebenso wie von kulinarischen Unzulänglichkeiten. Mit außergewöhnlicher Besetzung – zwei Akkordeonisten und einer Saxofonistin – ließ das Trio Akk:zent aufhorchen. Szenegrößen wie Marie-Theres Stickler und Peter Havlicek kamen gleich in mehreren Formationen, Havlicek auch in einem verjazzten Schrammelmusikkonzert als Matinee am Bahnhof samt Ankunft der Dampflok.

Die Abendkonzerte begannen stimmungsvoll mit neuen Wiener Liedern von Ursula Strauss und Ernst Molden. Nicht nur in ihrer Version von „Summertime“ – in den Dialekt übertragen und auf die Zeitverschiebung gemünzt – standen Melancholie und Abschied im Vordergrund, Strauss mit ihrer teils rauchigen, vollen Stimme brachte dafür den richtigen, tief gehenden Klang.

Durch den Norden-Schwerpunkt hörte man viel Folk, ob traditionell und animiert mit Helene Blum und Harald Haugaard oder stark durch Sound-Designs dominiert wie beim Trio der finnischen Akkordeon-Künstlerin Johanna Juhola, die im unverstärkten Acoustic Duo mehr beeindruckte. Der nordische Bezug im Konzert von Stefan Sterzinger war doch etwas an den Haaren herbeigezogen, auch wenn Anna Anderluh mit Stimme und Autoharp Elfenklänge brachte.

Humorvoll waren Katharina Hohenbergers Version des „Bundesbahn-Blues“ als Raunzen über die Mühseligkeit, ein Ticket zu kaufen und ihre Zahnarzt-Reise nach Ungarn: Danach, sang sie, sei sie eine „echte Wienerin mit k und k Zähnen, deren Wert sich nicht mehr vermehrt“. Zum Abschluss noch ein feines Stelldichein: der schrägen Kompositionen der finnischen Mundharmonika-Formation mit Otto Lechners virtuosem Spiel am Akkordeon.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2019)

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