Gregg Allman: Blutporträt in Moll

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Das letzte, ergreifende Album von Gregg Allman.

In den 1959 in Muscle Shoals in Alabama gegründeten FAME-Studios („Florence Alabama Music Enterprises“) wurden nicht nur großartige Alben von Otis Redding, Etta James und Aretha Franklin aufgenommen. In einem seiner Hinterzimmer ist auch die Southern Rock & Blues Band The Allman Brothers entstanden. Dass der zehn Jahre lang gegen seinen Leberkrebs kämpfende, im Mai 2017 gestorbene Orgler und Sänger Gregg Allman für sein letztes Album an diesen Ort zurückgekehrt ist, sagt viel über die Ausrichtung von „Southern Blood“ aus. Der rastlose Musiker hat darauf, wie auch schon am famosen Vorgänger „Low Country Blues“, seine eigene Vergangenheit überblickt und sich alte Lieder gesucht, die seiner seelischen Verfasstheit am Ende seines Lebens entsprachen. Auf einer der CD beigelegten DVD räsoniert der in Detroit aufgewachsene Produzent Don Was über das, was einen Südstaatler ausmacht: „unreconstructed masculinity“. Das Album startet mit „My Only True Friend“, einem gemächlichen Blues, den Allman mit seinem langjährigen Gitarristen Scott Sharrard komponiert hat. „I hope you‘re haunted by the music of my soul when I’m gone“, singt Allman mit rauer Soulstimme an eine (imaginäre?) Geliebte. So etwas wie eine Entschuldigung folgt sofort: „But you and I both know, the road is my only true friend.“

Zeilen, die klingen wie ein Epitaph. Der rastlose Musiker Gregg Allman, letztlich kam er nur in seiner Musik zur Ruhe. Wenigstens für Momente. Der unermüdlichen Arbeit für The Allman Brothers hat er seit 1973 superbe Soloalben beigestellt. Auf ihnen stand sein Gesang mehr im Vordergrund. So auch auf „Southern Blood“, das live im Studio aufgenommen wurde, mit Allmans langjähriger Liveband. Das sorgte für ungewöhnliche Intimität, die auch „Once I Was“, einem alten Tim-Buckley-Song, zugute kam. So schön es einst der junge Buckley gesungen hat, Allmans zärtlich-raue Interpretation ist ergreifender.

„Southern Blood“ erscheint vier Monate nach Gregg Allmans Tod.
„Southern Blood“ erscheint vier Monate nach Gregg Allmans Tod.(c) Beigestellt

Rüder Swing. Highlights sind Dan Penns Soulklassiker „Out of Left Field“ und Bob Dylans „Going, Going, Gone“. Das rüde swingende „Love Like Kerosene“ klingt nach Howlin’ Wolf. Neben Blues und Soul versuchte sich Allman mit „Song for Adam“ auch (gemeinsam mit dem großen Jackson Browne) im Folkidiom. Trotz des auf diesem Album dominierenden Klagetons schlug Allman auch kräftige Töne an, etwa in „I Love the Life I Live“. Dem Booklet ist die Abbildung eines Blutporträts des Malers Vincent Castiglia beigelegt. Ein besseres Sinnbild für das, was den Musiker Gregg ­Allman ausgemacht hat, ist kaum vorstellbar. (Universal)

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