Sons Of Kemet: Fürs neue Matriarchat

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Rebellisch: das dritte Album der Sons Of Kemet.

Der Flirt mit den legendären alten Jazzlabels, die längst im Besitz multinationaler Konzerne sind, war oft kokett. Wer da aller unter Traditionsmarken wie Verve und Blue Note veröffentlichen durfte, hätte es unter den ursprünglichen Kriterien nie geschafft. Das neue Opus von Sons Of Kemet, einer der vielen Bands, denen der 33-jährige britische Wundersaxofonist Shabaka Hutchings vorsteht, ist allerdings eine überaus würdige Veröffentlichung auf Impulse!, dem Label mit dem Rufzeichen. In den frühen 1960er-Jahren von Creed Taylor gegründet, dann von Bob Thiele übernommen und zum Hort der Musik von progressiven Musikern wie John Coltrane, Charles Mingus, Archie Shepp und Pharoah Sanders entwickelt, steht Impulse! für spirituelle und politische Tonkunst. In den Kanon passt „Your Queen Is A Reptile“ ideal.

Hutchings macht seine Musik in vollem Bewusstsein seines sozialen Status als Sohn von Immigranten. „We the children of immigrants, we the diaspora, we the descendants of the colonised, we claim our right to question your obsolete system“, heißt es im Vorwort, in dem Hutchings weitere schwere Geschütze gegen die britische Monarchie auffährt: „Your money was printed in blood, your high horse is three-legged, and your royalty wears no clothes. Your Queen ist not our queen. She does not see us as human.“ Die neun Tracks sind konsequenterweise nach alternativen Königinnen benannt, nach Frauen, die sich im Emanzipationskampf der Schwarzen einen Namen gemacht haben, von Hutchings Urgroßmutter Ada Eastman über die Fluchthelferin Harriet Tubman bis zur 1968er-Politaktivistin Angela Davis.

AUF IMpulse! „Your Queen Is A Reptile“ von den Sons Of Kemet.
AUF IMpulse! „Your Queen Is A Reptile“ von den Sons Of Kemet.(c) beigestellt

Afrobritisch. Entsprechend vielfältig sind die musikalischen Stränge, die dieses ungewöhnliche Quintett bemüht. So komplex wie die Rhythmen sind die Dialoge zwischen Hutchings am Saxofon und Theon Cross an der Tuba. Die zwei Stammschlagzeuger Tom Skinner und Seb Rochford werden durch drei trommelnde Gäste verstärkt. Zudem bezirzen zwei Vokalisten: Congo Natty, der auf der Dub-Jazznummer „My Queen is Mamie Phipps Clark“, singt, sowie der Poet Joshua Idehen, der zwei Nummern mit seinem Sprechgesang adelt. Hutchings Spiel spiegelt nicht nur den Einfluss von Sonny Rollins und John Coltrane wider. Manches ist durchaus der afrobritischen Tradition geschuldet. Courtney Pines robuste Spielkultur steht Pate für so manchen vitalen Einschub. Dieses Album hat einfach alles: emotionale Abstraktion und den Groove der Rebellion. (Impulse!/Universal)

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