Ackamoor & The Pyramids: Im Land von Sun Ra

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Idris Ackamoor & The Pyramids: zurück in die Zukunft!

Erst 2017 gastierte der in Chicago aufgewachsene, heute 67-jährige Spiritual-Jazz-Saxofonist Idris Ackamoor (profaner Name: Bruce Baker) zum ersten Mal in Österreich. Dabei hat er seine mythenumrankte Band The Pyramids schon 1972 am Antioch College in Yellow Springs in Ohio gegründet. Einer seiner Lehrer war damals Free-Jazz-Pianist Cecil Taylor. Die drei zwischen 1973 und 1976 eingespielten Alben („Lalibela“, „King Of Kings“, „Birth/Speed/Merging“) kamen dankenswerterweise vor fünf Jahren als CD-Box beim Label Disco B heraus. Das Originalvinyl wäre ein bisserl kostspielig. Was diese drei ungestümen Alben prägte, waren die Erfahrungen der Band auf ausgedehnten Afrika-Tourneen. Danach gründete Ackamoor den Non-Profit-Verein „Cultural Odyssey“, eine alternative Kulturinstitution in der Bay Area, die sich mit Musik und Film befasste.

2016 kehrte er überraschend mit dem Album „We Be All Africans“ auf die Bühnen der Welt zurück – mit einer umbesetzten Version seiner Py­ramids: Nur Violinistin Sandra Poindexter konnte sich halten. Musikalisch setzte er auf Kontinuität. Die Musik war spirituell, afrozentristisch, astral. Das ist sie auch auf dem neuen Album „An Angel Fell“. Manch eine Gesangsnummer erinnert an das Sun Ra Arkestra. Der Opener „Tinoge“ allerdings hüpft auf den Polyrhythmen des ghanaischen Afrobeat. Ackamoors Saxofonspiel erinnert in seiner Expressivität an Pharoah Sanders, ist aber von ganz eigener melodischer Statur. Die Sounds imponieren in ihrer Reichhaltigkeit: spacige Balladen, Free-Jazz-Einschübe, jubilierende Arpeggio-Exzesse, religiöser Singsang und ein musikalisiertes Selbstgespräch über den sinnlosen Tod des in Ferguson durch einen Polizisten getöteten Afroamerikaners Michael Brown. Herzerweichende Saxofonklänge ersetzen hier alle Worte.

Spiritual Jazz. „An Angel Fell“ von Idris Ackamoor.
Spiritual Jazz. „An Angel Fell“ von Idris Ackamoor. (c) beigestellt

Globale Themen. „I wanted to use folklore, fantasy and drama as a warning bell“, sagt Ackamoor über das Stück „Warrior Dance“, das Themen wie Klimaerwärmung und Umweltverschmutzung adressiert, ohne dabei die schönen Seiten der Welt zu vergessen. Für Ackamoor sind das: die Arbeit im Kollektiv, die simple Schönheit der Natur und natürlich die heilenden Kräfte der Musik. Das in London aufgenommene Album wurde von Malcolm Catto produziert, sonst Chef der Heliocentrics, mit denen er Granden wie den Ethio-Jazz-Hero Mulatu Astatke begleitet. „An Angel Fell“ klingt, als käme es aus dem Amerika der Siebzigerjahre, der goldenen Ära des Spiritual Jazz. Unerwartet. Unerwartet mitreißend. (Strut/Hoanzl)

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