Ry Cooder: Mit Jesus und Woody

(c) Joachim Cooder, Frederick Simpson/Courtesy of Automobile Club of Southern California Archives
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Ry Cooder, tief in der amerikanischen Tradition.

Das im Lukasevangelium erzählte Gleichnis vom verlorenen Sohn ist in der amerikanischen Populärmusik auf fruchtbaren Boden gefallen, sogar die Punkband Bad Religion hat einen Song namens „Prodigal Son“. Wohl am bekanntesten war bisher das Stück der Rolling ­Stones auf ihrem Roots-Album „Beggars Banquet“, als Komponisten waren erst Jagger/Richards angegeben, dann setzten die Anwälte des Bluesgitarristen Robert Wilkins dessen Autorenrechte durch. Bei Ry Cooder ist es umgekehrt: Er schildert seinen „Prodigal Son“ als „Traditional“ aus, obwohl zumindest die letzte Strophe sicher neu ist. Da erklärt eine fesche Kellnerin in einer Bar in Bakersfield dem verlorenen Sohn, dass es keinen Gott als Gott gibt und dass sein Name Ralph Mooney ist. Worauf der verlorene Sohn diesem den Aschenbecher ausleert . . . Der 2011 gestorbene Ralph Mooney war ein Meister der Steel Guitar, jenes singenden Instruments, das Ry Cooder so sehr schätzt, dass er 2008 im Song „The Slide Man“ erklärte: „I want to go to steel guitar heaven, that’s the only resting place for me.“ Bis dahin ruht er fest in der amerikanischen Musiktradition. So fest eben, dass er Zeilen aus eigener Feder als Volkslieder ausgibt: ein Mann, der sich zurücknimmt. Als „Shrinking Man“ zeichnet er sich selbst im gleichnamigen Song, das erinnert an Freuds Begründung für seine letzte Lektüre, Balzacs „Le Peau de Chagrin“: Dies sei nun das richtige Buch für ihn, da es vom Schrumpfen und Verhungern handle. Ry Cooder, 71 Jahre alt, ist freilich noch wohlauf, stilisiert sich selbst in „Gentrification“ mit Witz zum armen Musiker, in dessen bescheidene Gegend die „Googlemen“ kommen und Coffeeshops einrichten. Seine Ethik ist gut, simpel und christlich, lässt sich gut mit Blind Willie Johnsons „Everybody Ought to Treat a Stranger Right“ zusammenfassen, das er so rau wie andächtig im Gospelblues-Duktus spielt.

(c) Beigestellt

Im Himmel. Schwieriger ist „Jesus And Woody“; Die zwei treffen einander im Himmel, wo Jesus seinem Gegenüber eine verblüffend desillusionierte Ansprache hält. „So sing me a song ’bout this land is your land and fascists bound to lose, you were a dreamer, Mr. Guthrie, and I was a dreamer too.“ Was kann da noch folgen? „In His Care“, ein Spiritual des klassischen Komponisten William Dawson. Ry Cooder lässt den kunstvollen Chorsatz weg, fügt einen lässigen Beat hinzu. Und spielt eine Gitarre, die zugleich so krachig und so seelenvoll ist, dass es den verstocktesten Atheisten die Tränen in die Augen treibt. Das kann er, der Ry. (Universal)

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