Fragen an den Gesang

Patricia Petibon.
Patricia Petibon.(c) Salzburger Festspiele/Bernard Martinez
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Nachgefragt bei Patricia Petibon, Diana Damrau und Matthias Goerne.

Patricia Petibon singt Lieder von Debussy, Rodrigo, Fauré, de Falla, Satie, Bernstein, Gershwin und anderen. 

Wie wurde dieser facettenreiche Liederabend zusammengestellt und auf welche Werke möchten Sie das Publikum im Besonderen aufmerksam machen? Was verbindet oder trennt Debussy, Satie und de Falla, Bernstein und Gershwin?

Unser Liederabend ist eine Reise durch verschiedene Musikkulturen, bei der Frankreich, Spanien und Amerika im Mittelpunkt stehen. Genau aus dieser Mischung entstehen Kontraste gleich einem Mosaik aus Emotionen und Rhythmen. Die Lieder vermischen sich und reagieren mit Empathie aufeinander. Themen wie das Meer, Verlust und Liebe
ziehen sich durch Fauré, Debussy, de Falla, aber auch durch Volkslieder wie das portugiesische „Nesta rua“. Susan Manoff und ich lieben diese großen Sprünge zwischen Melancholie, Freude, dem Absurden und Tragischen, die sich aus verschiedenen Kompositionsstilen und unterschiedlichen Rhythmen ergeben. Wir scheuen auch nicht davor zurück, einige theatralische Überraschungen zu bringen, die man in Spanien als dadaistisch bezeichnet. Mimik und Poesie sind die verbindenden Elemente. Unser Liederabend ist eine menschliche Erfahrung und wir versuchen die Freude, die uns die Musik bringt, zu vermitteln. 

Matthias Goerne singt Franz Schuberts „Winterreise“ mit Markus Hinterhäuser am Klavier, dazu wird eine Visualisierung von William Kentridge projiziert.

(c) Marco Borggreve

Welche zusätzlichen Gefühle evoziert die Visualisierung von William Kentridge bei dieser außergewöhnlichen Aufführung der „Winterreise“?

Die Visualisierungen erweitern den assoziativen Raum sehr und fügen eine weitere Dimension hinzu. Natürlich braucht die „Winterreise“ nichts Ergänzendes. Aber bei diesem Liederabend hört man dasselbe Stück, denselben Klavierpart – und trotzdem wird durch die Kombination mit der Visualisierung eine neue Kunstform geschaffen. Kentridge versucht nicht, die Inhalte der „Winterreise“ im wortwörtlichen Sinne zu illustrieren. Kentridge nimmt Bilder, die er im Laufe seines Lebens schuf, setzt diese zu einer Retrospektive zusammen und konzentriert sich dabei auf die Essenz der „Winterreise“, auf einen Suchenden, der noch nicht weiß, wohin sein Weg geht. Der Zuschauer kann entscheiden, ob er nur zuhört oder auch zusieht. Beide Kunstformen können natürlich auch unabhängig voneinander bestehen. Aber Kentridges Visualisierung übersetzt die „Winterreise“ auf eine hochintellektuelle, abstrakte Ebene.

Diana Damrau tritt seit zehn Jahren mit dem Harfenvirtuosen Xavier de Maistre auf.

(c) Jiyang Chen

Was macht für Sie den Reiz des Programms aus, bei dem Sie unter anderem Werke von Mendelssohn, Aljabjew, Rachmaninow, Wlassow, Hahn, Ravel, Renié, Poulenc präsentieren?

Die Harfe ist ein wunderbares harmonisches Instrument, die viel mehr kann, als viele von uns sich vorstellen können. Auch ich war bei unserem ersten Zusammenspiel sehr überrascht. Xavier hat viel Gefühl für Poesie und Sänger und ist ein idealer Bühnenpartner. Mit der Harfe zu singen ist anders als mit dem Klavier, man ist als Sänger ein bisschen exponierter, man hat ein größeres Spektrum an sanfteren Tönen, aber auch einen kürzeren Nachhall. Nicht alle Lieder können mit Harfenbegleitung interpretiert werden, aber es gibt ein großes Repertoire, von dem man es nicht auf den ersten Blick vermuten würde. Dieses Mal haben wir ein Programm gewählt, das einen Hauch Romantik mit sich bringt. Die Stücke von Mendelssohn kommen aus der Tradition der Hausmusik, sie sind einfacher als der eher impressionistische Rachmaninow-Teil. Man kann hier die russische Seele fühlen. Mit den französischen Liedern in der zweiten Hälfte des Programms bringen wir viele verschiedene Farben und Harmonien ein, klangvoll, luftig, chansonesque und folkloristisch. Das Beste ist, es sich anzuhören und diese verborgenen Schätze von selten präsentierten Liedern zu genießen.

("Die Presse", Salzburger Festspiele, 01.06.2019)

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