Song Contest Finale: Der Niederländer holte sich den Sieg

Second Semi Final - 2019 Eurovision Song Contest in Tel Aviv, Israel
Second Semi Final - 2019 Eurovision Song Contest in Tel Aviv, Israel(c) REUTERS (AMIR COHEN)
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Der Favorit hat sich durchgesetzt: Duncan Laurence hat mit seiner melancholischen Ballade "Arcade" den Eurovision Song Contest gewonnen. Das neue Voting-Prozedere machte die Sache spannend. Und Madonna war auch da.

Die Chancen dafür, dass ein Mann den Eurovision Song Contest 2019 gewinnen würde, standen schon im Vorfeld gut: Chingiz mit seiner mitreißenden Popnummer aus Aserbaidschan, der sympathische Luca Hänni aus der Schweiz, Duncan Laurence aus den Niederlanden mit seiner hymnischen Ballade "Arcade" und der Schwede John Lundvik mit "Too Late For Love" - ihnen allen wurden Chancen auf den Sieg eingeräumt. Einem allerdings ganz besonders: Laurence aus den Niederlanden lag seit Wochen an der Spitze der Wettquoten. Er wurde der Favoritenrolle gerecht: Laurence hat seine Ballade über die Sehnsucht nach einer verlorenen Liebe live gefühlvoll und fehlerlos vorgetragen und trug den Sieg beim Song Contest davon.

Zuvor wurde es doch noch spannend, denn eine Zeit lang sah es so aus, als würde die tollste (Frauen-)Stimme gewinnen: Tamara Todevska aus Nordmazedonien mit "Proud", einer sehr musicalhaften Nummer mit schöner Botschaft (Selbstermächtigung für Kinder). Sie lag nach der Jurywertung auf Platz zwei, konnte aber beim Publikum weniger reüssieren. Sie holte am Schluss den achten Platz.

Die geteilte Punkte-Vergabe ist in der Tat nervenaufreibend. Neben den Durchsagen des Publikums-Votings aus den Ländern, wie man es vom Song Contest kennt, bekommt jedes Land seit einigen Jahren auch Punkte von Fachjurys aus jedem Teilnehmerland. Diese wurde nach der Jurywertung vom letzten Platz bis zum ersten durchgesagt, wodurch das Favoritenfeld immer näher zusammenrückte. Am Schluss hieß das Duell Schweden oder Niederlande.

Der letzte Platz ging an Großbritannien. Von Michael Rices Song "Bigger Than Us" blieb wenig hängen. Insgesamt war es ein starker Jahrgang mit einigen eindrucksvollen Performances und wenig Kuriositäten.

Wer hätte den Sieg (noch) verdient?

Chancen auf den Sieg wurden auch der australischen Vertreterin Kate Miller-Heidke mit ihrer aufwendig als schwerelos inszenierten Opernnummer "Zero Gravity", dem schwedischen Gute-Laune-Popgospler John Lundvik mit "Too Late For Love" und dem sympathischen Ex-"Deutschland sucht den Superstar"-Sieger Luca Hänni aus der Schweiz mit seiner Partynummer "She Got Me" eingeräumt. Verdient hätte den Sieg - nach Laurence - am ehesten noch der Zweitplatzierte Lundvik. "Too Late for Love" ist ein perfekter Song-Contest-Song: Er vermischt gute Laune mit goßen Gefühlen einer eingängigen Melodie und einem treibenden Beat.

Wer enttäuschte?

Mahmood hat mit "Soldi" den italienischen Vorentscheid gewonnen und eine Kontroverse ausgelöst: Darf das sein, dass ein Rapper mit ägyptischen Wurzeln Italien vertritt? Noch dazu mit diesem Namen? Dabei war "Soldi" die zeitgenössischste Nummer unter den Finalbeiträgen. Die starke Studioversion wurde auf Youtube mehr als 80 Millionen Mal aufgerufen. Live wurde der Song allerdings nicht gut umgesetzt: die Sounds gingen unter, ebenso wie die Performance (drei Tänzer, ein paar Visuals), der Rap wirkte etwas gehetzt. Eine vertane Chance trotz des zweiten Platzes!

Wie war das diesmal mit den Song-Contest-Klischees?

Dass Australiens Vertreterin Kate Miller-Heidke auf einer Stange schwebend sang, ist inzwischen bekannt. Was dabei untergeht ist der dazugehörige schräge Song mit viel "Hi-hi-his" und Opernstimme. Australien ist eine echte Bereicherung für den Wettbewerb.

Trash gab es freilich auch. Die Zypriotin Tamta startete mit einer ordentlichen Popnummer, doch lenkte ihr Outftit vom Auftritt ab (schwarze Lackstiefen, die im Schritt enden und einen Body aus quasi Nichts). Insgesamt gab es heuer aber weniger freizügige Kostüme.

Wer hatte die beste Bühnenshow?

ussland hat sich ordentlich bemüht mit Regen über einer Box, in der Sergey Lazarev sang, Spiegelungen und Doppelungen. Richtig geflasht hat aber Island mit einer Metallkugel und Bondage-Kostümen, Rauch und Feuer. Das hat man so noch nicht gesehen. Oder doch: auf einem Rammstein-Konzert.

Wer überraschte?

Spät, aber doch reihte sich eine Frau zu den Favoriten: Die erst 18-jährige Michela strahlte bei "Chameleon" Freude aus, und das war ansteckend.

Was ist sonst noch passiert?

Österreichs Song-Contest-Siegerin Conchita sang in Ganzkörper-Strumpfhose "Heroes" von Mans Zelmerlöw, ihrem Nachfolger als ESC-Sieger. Madonna kam mit erstaunlich glatter Haut für eine Über-50-Jährige und einer Augenklappe: Sie verwandelte die Bühne in Tel Aviv kurzzeitig in eine gotische Kirche samt Mönchschor. Bräute in Gasmasken, Feuer auf der Leinwand: Nach einem Song-Contest-Abend braucht es schon sehr viel Show, um einen Eindruck zu hinterlassen.

Island hielt Palästinenserschals in die Kameras, als ihre Punkte verkündet wurden - und wurden vom Publikum ausgebuht. Politik hat beim Song Contest nichts verloren.

Was bleibt von diesem Song Contest?

Die jüngsten Regeländerungen - Jury-Bewertungen, schnellere Punkte-Durchsage - haben den Eurovision Song Contest deutlich spannender gemacht. Er wird wieder ernster genommen, das merkt man an dem stärkeren Kandidatenfeld. Allerdings ist die Show noch immer zu lange. 26 Songs in einer Sendung sind zu viel, am Ende kann der Zuschauer die einzelnen Beiträge kaum mehr voneinander unterscheiden. Das schadet den Kandidaten, die am Ende des Finales (vielleicht sogar zum ersten Mal) antreten.

Wer schnitt wie ab? Das Ergebnis der Abstimmung

  1. Niederlande: 492 Punkte
  2. Italien: 465 Punkte
  3. Russland: 369 Punkte
  4. Schweiz: 360 Punkte
  5. Norwegen: 338 Punkte
  6. Schweden: 332 Punkte
  7. Aserbaidschan: 297 Punkte
  8. Nordmazedonien: 295 Punkte
  9. Australien: 285 Punkte
  10. Island: 234 Punkte
  11. Tschechien: 157 Punkte
  12. Dänemark: 120 Punkte
  13. Slowenien: 105 Punkte
  14. Frankreich: 105 Punkte
  15. Zypern: 101 Punkte
  16. Malta: 95 Punkte
  17. Serbien: 92 Punkte
  18. Albanien: 90 Punkte
  19. Estland: 86 Punkte
  20. San Marino: 81 Punkte
  21. Griechenland: 71 Punkte
  22. Spanien: 60 Punkte
  23. Israel: 47 Punkte
  24. Deutschland: 32 Punkte
  25. Weißrussland: 31 Punkte
  26. Großbritannien: 16 Punkte

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