Neuer BMW 5er: Die Sensation in der Kurve

Der neue 5er BMW
Der neue 5er BMW(c) Werk
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Mehr Leistung, weniger Verbrauch: Das bieten derzeit alle, auch die neue Generation des BMW 5er. Die wahre Sensation ist, wie das Auto um die Kurve fährt.

Als BMW 1972 erstmals eine Baureihe mit vorangestellter Fünf präsentierte, reichten 130 PS für die schärfste Version. Damals hatten Telefone aber noch Wählscheiben und waren höchstens von einem Zimmer ins andere tragbar.

In Zeiten von iPhone und BlackBerry braucht es schon mehr, um Schritt zu halten: Der schwächste Fünfer der neuen, sechsten Generation bietet 184 PS zur Erledigung anstehender Wege und Termine.

Zu neuzeitlichen Tugenden gehört möglichst aber auch ein untadeliger Verbrauch: Jener Vierzylinder-Turbodiesel (520d) soll sich gemäß Norm mit 5,2 Liter Sprit auf 100 Kilometer begnügen (mit Achtgangautomatik sogar 5,0 Liter) – das in einem Auto, das mit 4,9 Meter Länge und um die 1700 Kilogramm Gewicht nicht zu den Stadtflöhen oder Pächtern der dritten Autobahnspur zu rechnen ist. Selbst der Leisetreter der Baureihe (zu haben wären ja auch 407PS) sollte mit 227 km/h Spitzengeschwindigkeit auf deutschen Autobahnen nicht im Weg herumstehen. Performance optimieren, Kosten reduzieren – das sind Programme, die Managern nur zu geläufig sind.

So überrascht es nicht, dass BMW bei der Präsentation der neuen Generation unter anderem zu ein paar Runden auf der Rennstrecke lädt. Es will demonstriert sein, dass sich auch das Fahrwerk auf die Einhaltung knapper Termine versteht. Vor allem will aber klargestellt sein, dass der Fünfer das sportlichste Auto seines Genres ist, jener oberen Mittelklasse, in der die Konkurrenz Mercedes E-Klasse und Audi A6 heißt.

Den Claim wollen möglichst schon die Designer abstecken. Die Markenzeichen-Doppelniere stemmt sich flach und steil in den Fahrtwind. Die Motorhaube ist durch vier Linien dreidimensional ausgeprägt – wie Sorgenfalten, die sich fragen könnten, ob der Vordermann auch rasch die Überholspur freigibt. Die Doppelscheinwerfer mit glimmender LED-Corona, ebenfalls längst Markenzeichen, stieren mit „konzentriertem Blick“ voraus, betont durch den Kniff mit dem Augenlid (im niederen Tuning-Jargon freilich „böser Blick“ genannt).

Die Flanke ist mit dem Spiel konvexer Flächen und entschlossen gezogener „Charakterlinie“ (unterhalb der Fenster) um den Eindruck von Leichtigkeit bemüht. Der sogenannte Hofmeisterknick, der Schwenk der hinteren Seitenfenster, ist so scharf ausgeprägt und langt bis über die Hinterachse, als gelte es, ein Coupé zu betonen. Das Heck trägt betont breite Schultern und den diskreten Hinweis auf Anpressdruck, den der Kofferraumdeckel, einem Rennwagenflügel gleich, zu generieren imstande ist. Das Auto verabschiedet sich mit L-förmigen, tiefrot glimmenden Heckleuchten in LED-Ausführung, „glühende Körper“, wie der Designer schwärmt.

Das polarisierende Moment des 5er-Vorgängers von Designer Chris Bangle, der sich in die Toskana verabschiedet hat, ist einem breitentauglichen Ausdruck gewichen, der die totgeschlagenen Attribute dynamisch und elegant jedenfalls nicht als fade Gefälligkeit wiedergibt. Autodesign als das Schaffen von Skulpturen ist eine deutsche Kunst geworden, der Italiener und Franzosen, die frühen großen Meister, ratlos hinterherwerken.

Bei BMW schwärmen aber nicht nur die Designer, sondern traditionell die Ingenieure. So bediene man sich beim Fahrwerk Oberklasse-Architektur: Die Doppelquerlenker-Aluvorderachse trennt Radführung und Dämpfung, die Integralhinterachse versieht ähnlich im 7er ihren Dienst. Auf ersten Testkilometern registrierten wir eine fast artifiziell von Fahrbahnzuständen entkoppelte Ungerührtheit, in der sich das Auto in fast beliebiger Gangart durch Kurven treiben lässt. Fahrdynamisch ist in dieser Klasse eine neue Ebene erreicht.

Erstmals wurde im Fünfer eine elektromechanische Servolenkung verwendet, die mit Rückmeldung von der Straße geizt, zweifellos aber äußerst wirkungsvoll arbeitet.

Die optionale „Integral-Aktivlenkung“ passt die Übersetzung der Fahrsituation an, diesmal dezenter, als das bei der Einführung dieser Technik zu Überraschungen im Parkhaus führen konnte. Mit lenkbarer Hinterachse, Gruß vom 7er, lenken die Hinterräder bis 60 km/h gegenläufig, darüber parallel zu den Vorderrädern mit. Das Ergebnis ist im einen Fall eine gefühlte Verkürzung des Radstands, hilfreich beim Parken und Rangieren (der Wendekreis sinkt um einen halben Meter), im andern Fall eine gefühlte Verlängerung des Radstands, die dem Geradeauslauf und der Sattheit des Fahrgefühls hilft. Eine feine Sache, neuzeitlicher Pionier in dieser Angelegenheit war Renault.

Die optionale „Fahrdynamik-Control“ lässt den Fahrer in zwei Sportmodi und einen Komfortmodus schalten, umgehend straffen sich im sportlichen Programm die Dämpfer, werden die Gänge der Automatik länger ausgedreht und entbietet die Lenkung mehr Widerstand. So soll der Fünfer fahren wie der Dreier, und nach der ersten Verkostung wollen wir das nicht in Abrede stellen. Unglaublich, wie sich das Auto straff anfühlt und der Lenkung gehorcht, ohne dass man einem harten Fahrwerk ausgesetzt wäre.

Dass der Fünfer vier Zentimeter an Länge, dabei aber acht beim Radstand zugelegt hat, nimmt man erstaunt zur Kenntnis. Das Cockpit ist nicht beengt, aber knapp geschneidert – ein Eindruck, der auch vom Instrumententräger herrührt, der um sieben Grad dem Fahrer zugeneigt ist: dezent genug, um den Beifahrer nicht als bloßes Ladegut vom Geschehen auszuschließen. Auch im Fond zwickt es nicht, vor allem, wenn sich der Fahrer schön knapp und aufrecht vorm Lenkrad eingerichtet hat. Aber man versteht, warum es eine Langversion für China gibt, wo der Chef hinten sitzt. Der Kofferraum (520 Liter) reicht verblüffend tief ins Fahrzeug hinein.

Die Benziner, auch der 306-PS-Doppelturbo, werden von den Talenten der beiden 3,0-l-Diesel souverän ausgebremst, sie stehen mit 6,2 bzw. 6,3 l/100 km ab etwa 50.000 bzw. 60.000 Euro (mit Ö-Paket) bereit. Der ganze Rest kostet extra. Ab Ende März.

AUF EINEN BLICK

BMW 5er, sechste Generation
Business-Express der oberen Mittelklasse in betont sportlichem Zuschnitt.

Motoren
Benzin: drei 3,0-Liter-Reihensechszylinder(204/258/306 PS) und ein V8(406 PS).
Diesel: ein 2,0-l-Vierzylinder (184PS), zwei 3,0-l-Reihensechszylinder (204/245 PS).

Abmessungen
L/B/H: 4899/1860/1464mm. Radstand 2968mm.
Gewicht: ab 1625kg.

Preise: ab 44.100 (520d, ab Juni).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2010)

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