Der Heringssalat als Schicksal der kleinen Fische

Petra Goetz-Frisch uns Sebastian Slavicek bieten in ihrem Restaurant und Fischgeschäft auch Matjes- und Heringssalat an.
Petra Goetz-Frisch uns Sebastian Slavicek bieten in ihrem Restaurant und Fischgeschäft auch Matjes- und Heringssalat an.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Hering werde hierzulande unterschätzt, meinen die Betreiber des Restaurants und Geschäfts Goldfisch. Rund um den Aschermittwoch wird aber gern eine Ausnahme gemacht.

Der Hering ist ohne seinen Schwarm nichts, er verliert die Orientierung und reagiert panisch. Ein bisschen erinnert diese Beschreibung an Menschen in der Faschingszeit. Wobei ja eigentlich der Hering, so wie ihm hierzulande Jahr für Jahr gehuldigt wird – nämlich als deftiger Heringssalat –, streng genommen erst nach dem Fasching, nämlich am Aschermittwoch, seinen großen Auftritt hat. Aber so genau nimmt man es schon lange nicht mehr. Der Heringssalat hat mit einem Fastengericht meist ohnehin wenig zu tun, da passt er auch gut in die Faschingszeit – oder in Wien eben zur Ballsaison, gern auch als Katerfrühstück. Auch die Fischer selbst nehmen es mit der Saison nicht mehr so streng. Seit Jahrzehnten müssen viele Fische, so auch der Hering, aus Schutz vor Fadenwürmern gleich nach dem Fang schockgefroren werden. Das macht es einfacher, sie das ganze Jahr über anzubieten – selbst Matjes, eine Spezialität junger, fermentierter Heringe, die eigentlich nur im Juni Saison hätte. Weil es nun aber technisch möglich ist, und weil sich der Heringssalat als Aschermittwochs- und Faschingsgericht durchgesetzt hat, hat der Hering hierzulande eben jetzt Saison.

Schnell einmal ordinär

Das spüren auch Petra Goetz-Frisch und Sebastian Slavicek. Die beiden betreiben seit gut einem Jahr in der Wiener Josefstadt das Restaurant und Fischgeschäft Goldfisch. „Einen Matjessalat und einen Garnelensalat haben wir immer im Programm, aber jetzt geht es mit den verschiedenen Heringssalaten los“, sagt Petra Goetz-Frisch. Sie bezieht dazu Bismarckheringe aus Norddeutschland und Matjesfilets aus Cuxhaven. „Die sind feiner und zarter als holländischer Matjes. Man darf das ja nicht so sagen, aber Matjes ist schnell einmal ordinär“, sagt Goetz-Frisch. Der Cuxhavner Matjes ist tatsächlich weitaus milder und hat eine schöne rosa Färbung. Bei der Herstellung sei Matjes „ein bisschen eklig.“ Immerhin wird der jungfräuliche, sprich noch nicht geschlechtsreife, Fisch mitsamt einiger Innereien – allen voran die Bauchspeicheldrüse – gereift. Die Bauchspeicheldrüse sorgt nämlich dafür, dass der Fisch fermentiert, was ihn noch zarter macht. Traditionell lagern die Heringe dazu im Ganzen in einem Holzfass, in einer Salzlake. „Dann wird nach ein paar Wochen das Holzfass geöffnet, der Fisch ausgenommen, als Doppelfilet zugeschnitten, und alle essen Matjes, auch die Frau Merkel.“ Im Norden Europas passiert das traditionell im Juni, Juli, da der Fisch im Mai oder Anfang Juni gefangen wird. Da hatte er genug Zeit, sich ordentlich Fett anzufressen, und der Fisch ist gerade noch nicht geschlechtsreif, sprich, er hat noch keine Milch und keinen Rogen gebildet. (Ein Heringsfilet nach Matjes-Art ist dann also ein etwas älterer Hering, der ähnlich eingelegt wurde).

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