„Bean to bar“: Schokolade mit Heimvorteil

(c) die Presse (Carolina Frank)
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Immer mehr heimische Labels für den Schokolademarkt: Manche arbeiten von der Rohbohne weg, also „bean to bar“. Ein Überblick.

„Man kann theoretisch auch auf fünf Quadratmetern Schokolade produzieren“, sagt Thomas Kovazh. „Aber in Österreich gibt es so viele Auflagen . . .“ In den USA sei das anders, erzählt der Schokoladeexperte, der im siebenten Wiener Bezirk sein Fachgeschäft Schokov führt, darum seien dort in den vergangenen Jahren Garagen-Schokoproduzenten nur so aus dem Boden geschossen. Sie erzeugen „bean to bar“, also von der Kakaobohne weg, werben mit Begriffen wie „Craft Chocolate“. Letzteren verwendet auch die Firma Fenkart aus Hohenems in Vorarlberg für ihre Produkte. Fenkart hat Thomas Kovazh ganz neu im Programm – nach Ostern heißt es bei ihm immer Sortiment erneuern. Von Beginn an, seit 2006, findet man bei Schokov ein eigenes Regal für österreichische Schokoladen. Die Auswahl generell wird immer größer, immer zahlreicher werden die Produzenten aus Vorarlberg, Niederösterreich, dem Burgenland. Das interessiert auch Touristen, die bei Schokov meist zunächst nach Zotter-Schokoladen fragen, „dann aber erstaunt sind, wie viele andere österreichische Labels es gibt“. Pichler etwa ist bei ausländischen Kunden sehr beliebt – ob es am altmodischen Packaging liegt, das sich von den grafisch ausgefuchst gestalteten Mitbewerbern abhebt?

Immer zahlreicher werden die Schokoladen-Produzenten aus Vorarlberg, Niederösterreich, dem Burgenland. Ein Überblick:

Alles unter einem Dach. Josef Zotter, der im Vorjahr sein 30. Firmenjubiläum feierte, gilt nicht nur in Österreich als einer der weltbesten Chocolatiers. Seine technologischen Entwicklungen, etwa die seit Kurzem praktizierte Softnebelröstung, werden wohl ebenso von Mitbewerbern übernommen werden wie seine oft durchgeknallten Ideen (Zotter packte schon früh Käse, Blut oder Grammeln in seine Schokoladen). Eine Zeit lang war Josef Zotter gemeinsam mit dem Wiener Traditionsbetrieb Manner der Einzige, der von der Bohne weg Schokolade produzierte, mittlerweile haben andere Labels nachgezogen.

Martin Mayer etwa, ehemals Konditor in Wels, der im kleinen oberösterreichischen Zwisl gefüllte und ungefüllte Tafeln, Trinkschokolade sowie Pralinen herstellt. Nicht alle von Mayers Erzeugnissen sind „bean to bar“: die Plantagenschokoladen aus Kolumbien, Bolivien oder Guatemala schon, die gefüllten (noch?) nicht. „Das schmälert die Qualität ja nicht“, meint Thomas Kovazh dazu. „,Bean to bar‘ hat nicht direkt mit Qualität zu tun. Aber wenn man Schokolade aus verschiedenen Anbaugebieten und aus verschiedenen Kakaobohnensorten macht, hat es durchaus Sinn.“ Bei seiner Hausschokotafel-Linie, der mehrfach preisgekrönten „Schokov-Kollektion“ (demnächst kommt Edition „No. 12“ heraus), geht es Kovazh eher um jene Geschmackserlebnisse, die von Zutaten wie Bergquendel, Wacholder oder Tannennadeln kommen. Die Schokov-Tafeln fertigt Martin Mayer für ihn, die dafür verwendete Kuvertüre aus peruanischen Biokakaobohnen kommt von der deutschen Firma Lubeca.

Umstellung auf bio. Nicht „bean to bar“, aber immer mehr bio bietet die erfolgreiche Salzburger Firma Berger, nebenbei ein wichtiger Frauenarbeitgeber in der Region Pinzgau: Nachdem in einigen Tafeln Mineralölrückstände gefunden wurden, begann man auf bio umzustellen, musste neue Rohschokoladelieferanten suchen. Auch die Verpackung änderte man, schließlich könnten die Rückstände auch von dieser stammen. Längst sind nicht alle Berger-Sorten bio – schließlich gilt es, auch geeignete Lieferanten für die Vielzahl an Zutaten in den Füllungen zu finden –, aber einige.

Ein österreichischer Betrieb, der alle Produktionsschritte vom Rösten der Bohnen an unter seinem Dach versammelt, ist Zart, wenngleich die Chocolatière dort eine gebürtige Niederländerin ist: Marieke Wijne-Slop kam vor einigen Jahren ins burgenländische Staatz. „Bean to bar“ arbeitet auch das schon erwähnte Vorarlberger Label Fenkart, das unter anderem die Kakaosorte Porcelana verwendet, die als eine der edelsten gilt und eine Unterart der feinen Criollo-Bohne ist.

Der Begriff „bean to bar“ wird in Österreich derzeit deutlich wichtiger genommen als etwa in Frankreich, erzählt Thomas Kovazh. Die renommierten französischen Produzenten, etwa Michel Cluizel und sein Lieblingschocolatier François Pralus, würden nicht groß damit werben. „Für Franzosen ist das meist selbstverständlich, und die haben schon solche Schokoladen gemacht, bevor es die Wortkreation ,bean to bar‘ überhaupt gegeben hat.“

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