Konfuzius, Lebkuchen und Ginger Ale

Ingwer wird schon seit mehr als 3000 Jahren als Gewürz geschätzt.

Auch wenn Ingwer hierzulande ein recht junges Gewürz ist, anderswo ist es schon so lang im Umlauf, dass sich sein Ursprung nicht mehr genau feststellen lässt. Laut der Enzyklopädie der Kulinaristik (Tre Torri, Süddeutsche Zeitung Edition) stammt das Knollengewächs vermutlich aus China. Außerhalb Asiens hat es in den arabischen Ländern, aber auch in Schweden, den USA und Großbritannien Tradition.

Seit mehr als drei Jahrtausenden wird Ingwer als Gewürz verwendet, wie Caz Hildebrand in ihrem hübschen Buch „Basar der Düfte“ (Knesebeck Verlag) schreibt. In der indischen Küche spielt Ingwer seit der Antike eine Rolle, selbst der Philosoph Konfuzius soll die Knolle gern verspeist haben. Die Römer importierten ihn dann vor mehr als 2000 Jahren nach Europa. Im Mittelalter war Ingwer ein wertvolles Gewürz. Laut der amerikanische Heilpflanzenexpertin Rosalee de la Forêt soll ein Pfund Ingwer im 13. und 14. Jahrhundert denselben Wert wie ein ganzes Schaf gehabt haben, wie sie in ihrer „Alchemie der Kräuter und Gewürze“ (siehe Buchtipp) schreibt.


Anbau in Indien. Heute wird Ingwer vor allem an Indiens Malabarküste, aber auch in China, Nepal und Thailand angebaut. Hierzulande ist vor ein paar Jahren die gereifte Knolle in die heimischen Supermärkte eingezogen. Geschmacklich unterscheidet sie sich – mit ihrer dunklen, holzigen Schale – deutlich von der frischen Knolle. Letztere ist wesentlich milder, aber auch aromatischer und hat nur eine ganz zarte, weiße Schale. Sie lässt sich auch in der Küche, ähnlich wie Kren, frisch einsetzen und einfach über Speisen hobeln (ohne beim Beißen auf lange Fasern zu stoßen). Frischer Ingwer eignet sich auch, um Sirup herzustellen oder für kandierten Ingwer.

Den charakteristischen Geschmack hat der Ingwer dem neutralen Harz Gingerol zu verdanken, das sich auch in Galgant und Kurkuma findet. Im Gegensatz zu anderen wärmenden Gewürzen hat Ingwer auch bei uns das ganze Jahr über Saison. Im Winter wird die wärmende Wirkung etwa im Tee oder als Beigabe zur Hühnersuppe geschätzt, während im Sommer kaum ein (Mode-)Cocktail ohne Ingwer auskommt – vom Ginger Ale (oder Ginger Beer) bis zum Moscow Mule.


Lebkuchengewürz. Für einen Ingwertee sollte man einen Teil der Knolle übrigens nicht nur mit heißem Wasser übergießen, sondern diese vorher auch raspeln oder hacken. Je mehr Schnittfläche, desto aromatischer wird er.

Wann genau der Ingwer in den Lebkuchen gewandert ist, lässt sich nicht sagen. Ein Blick in heimische historische Kochbücher macht aber deutlich, dass er auch hierzulande schon länger zumindest für weihnachtliche Bäckerei verwendet wird. So empfiehlt Katharina Prato (1895) „Ingwer-Krapfeln“ folgendermaßen zuzubereiten: 14 Deka Zucker, 14 Deka Mehl, zwei Dotter und etwas Klar, Limonenschalen und fein gestoßenen Ingwer zu einem Teig zu verarbeiten, diesen vier Stunden rasten zu lassen, dann auszuwalken und Kekse mit Formen auszustechen, die vor dem Backen mit Wasserglasur bestrichen werden.

Auch Adolf und Olga Hess geben in ihrem Kochbuch „Wiener Küche“ (1911) ein Rezept für Ingwerbäckerei, die „mit für Ingwerwurzeln charakteristischen Formen“ ausgestochen werden. Wie genau die aussehen sollen, wird ebenso wenig erklärt, wie die Frage nach der Länge der Backzeit (was für historische Kochbücher nicht unüblich ist). Der Einsatz von Ingwer für pikante Speisen ist dann hierzulande aber doch eine eher jüngere Praxis.

Rezept

Schokoladeneis mit Ingwer

250 g Milch, 250 g Schlagobers, 100 g Eigelb, 50 g Kristallzucker, 230 g dunkle Schokolade (70 Prozent), 20 g geriebener Ingwer aus dem Seewinkel, Ingwer zum Dekorieren
Eigelb und Zucker schaumig schlagen. Milch und Schlagobers aufkochen und vorsichtig über die Ei-Zucker-Masse gießen. Die Schokolade hinzufügen, alles miteinander vermengen, Ingwer dazugeben. Im Kühlschrank abkühlen lassen, danach in den Gefrierschrank geben. Vor dem Servieren mit einem Mixer cremig rühren. Für die Dekoration Ingwer in Stücke schneiden, mehrfach in Zuckerwasser blanchieren und auf das Schokoladeneis geben. (Rezept von Christian Domschitz)


Ingwerbäckerei

120 g Mehl, 140 g Kristallzucker, 1 Ei, 5–10 g Ingwer, Schale von einer halben Zitrone, 1 kl. Messerspitze Hirschhornsalz, Butter für das Blech
Zucker und Ei schaumig rühren, mit geriebenem Ingwer, Zitronenschale, Mehl und Hirschhornsalz vermengen und auf einem Brett gut verarbeiten. Den Teig 3 mm dick ausrollen, mit Formen ausstechen und auf ein befettetes Blech legen. Über Nacht kühl stellen und am nächsten Tag im mäßig heißen Rohr backen. (Adolf und Olga Hess, „Wiener Küche“, 1911)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2018)

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