Down-Syndrom-Test aus Deutschland: AKH zeigt Interesse

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Ein Blut-Gentest bei der Schwangeren, mit dem ab der zwölften
Woche festgestellt werden kann, ob das Down-Syndrom vorliegt, soll bald auch in Österreich auf den Markt kommen. Wer ihn zahlen wird, ist offen.

Bisher müssen sich Schwangere, bei denen der Verdacht besteht, dass bei ihrem Kind Trisomie 21 (Down-Syndrom) vorliegt, einer Punktion unterziehen, wenn sie Gewissheit wollen. Bezahlt wird das Wissen dabei mit einem Risiko: Beim invasiven Eingriff (Nadel durch die Bauchdecke) kommt es bei etwa einem Prozent der Fälle zu einer Fehlgeburt. Ein Test der deutschen Firma LifeCodexx soll diese Gefahr nun ausschalten: Mit einer Blutprobe der Schwangeren kann ab der zwölften
Schwangerschaftswoche festgestellt werden, ob das Down-Syndrom vorliegt. Ähnliche Tests gibt es bereits in den USA, auch am Wiener AKH wird geforscht („Die Presse“ berichtete). Doch der deutsche „PraenaTest“ wird hierzulande wohl als Erster das Rennen machen. Nach einem finalen rechtlichen Gutachten soll er „baldmöglichst“ in Deutschland, der Schweiz, Liechtenstein und Österreich auf den Markt kommen.

Wobei die Einführung hierzulande quasi automatisch passiert, wie Marcus Müllner, Leiter der AGES Medizinmarktaufsicht erklärt: Denn es genügt, wenn ein unabhängiges Labor in einem EU-Mitgliedsstaat den Test zertifiziert, damit er – wie im Fall von LifeCodexx – prinzipiell in der gesamten EU zugelassen ist. Wobei man auf EU-Ebene gerade dabei sei, diese Vorgangsweise zu reformieren, ergänzt Müllner. Denn derzeit könnten Firmen quasi von Labor zu Labor ziehen, bis das Ergebnis passt.

Ganz unerheblich sind die heimischen Gesetze aber trotzdem nicht, wie Gerhard Aigner, Leiter der Rechtssektion im Gesundheitsministerium erklärt. So darf der Test nach dem Gentechnikgesetz nur zum Einsatz kommen, wenn eine Indikation vorliegt (z. B. ein Verdacht auf Grund des Ultraschalls) und wenn die Patientin aufgeklärt wurde und zustimmt. Wird in Österreich nur Blut abgenommen und nach Deutschland geschickt, braucht es darüber hinaus keine neue Regelung. Soll der Test selbst aber in Österreich durchgeführt werden, muss es vorher eventuell ein Antragsverfahren geben, das bis zu einem Jahr dauern kann. Das werde derzeit geprüft.

In der Praxis besteht jedenfalls Interesse: Peter Husslein, Leiter der Frauenheilkunde am AKH, sieht in dem Test eine Ergänzung zum „First Trimester Screening“ (Ultraschall plus weitere Untersuchungen), mit dem man das Risiko für ein Down-Syndrom bereits gut einschätzen kann. Der Bluttest könne helfen unnötige Punktionen zu vermeiden. Konkret würde man so vorgehen: Zeigt der Bluttest, dass kein Risiko für das Down-Syndrom besteht, dann sei der Test hinreichend sicher, um der Patientin einen weiteren Eingriff ersparen. Ergibt der Test eine Down-Syndrom-Diagnose würde man jedenfalls mittels Punktion nachprüfen. Husslein sagt aber im Widerspruch zum Gesundheitsministerium auch klar: „Der Test ist nur brauchbar, wenn man ihn als Screening, das heißt ohne besondere Indikation (Anm.: höheres Alter der Mutter, Ultraschall-Verdacht)  verwenden darf.“ Denn deutliche Indikationen gebe es nur in Ausnahmefällen. Das Gesundheitsressort müsse klären, ob das durch das Gentechnikgesetz gedeckt sei. Eine andere Gretchenfrage lautet: Wer zahlt den Test, der um die 1300 Euro kosten wird? Das müsse vermutlich das Budget der Spitäler abdecken, sagt Aigner.

Proteste von Behindertenverbänden

Abgesehen von rechtlichen und finanziellen Fragen sorgt der Bluttest auch für eine ethische Debatte: Behindertenverbände in Deutschland und der Schweiz protestieren gegen die „Rasterfahndung“ nach dem Down-Syndrom. Auch Franz-Joseph Huainigg, ÖVP-Sprecher für Menschen mit Behinderung, ist skeptisch: Durch die Vereinfachung des Eingriffs sinke die Schwelle für die Untersuchung und den Eltern fehle nun noch mehr Zeit, die sie bräuchten, „um sich das Leben von Eltern mit Kindern mit Down-Syndrom anzusehen.“ Gespalten ist Monika Hallbauer vom Verein Down-Syndrom Österreich. Sie fürchtet, dass „Menschen mit Down-Syndrom verstärkt aus der Gesellschaft verschwinden“, aber: „Ich persönlich kann nicht sagen, dass ich gegen den Test bin. Das Grundproblem hat ja schon vorher bestanden, nämlich dass es offenbar den Konsens gibt, dass das Leben mit einem Kind mit Down-Syndrom vor allem eine Belastung ist.“

Markus Hengstschläger, Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik der Meduni Wien und stv. Leiter der Bioethikkommission, versteht die Ängste der Betroffenen, aber: „Man muss bedenken, dass der Test auch Leben rettet. Man kann einen Eingriff mit einem Risiko für Fehlgeburten nicht deshalb bestehen lassen, nur damit es nicht weniger Kinder mit Down-Syndrom gibt.“ Tatsächlich sei die invasive Untersuchung bereits so häufig, dass sich vermutlich an der Zahl der Schwangerschaftsabbrüche nichts ändern werde. Die Debatte um den Bluttest an Schwangeren geht für den Genetiker jedoch über den Anlassfall hinaus: „Langfristig werden nicht-invasive Tests auch für andere genetische Indikationen zum Einsatz kommen und dabei ein gleichwertiges Ergebnis wie invasive bringen.“ Daher sei es wichtig herauszustreichen, dass auch hier die Grenzen des Gentechnikgesetzes gelten: „Nur weil es keinen invasiven Eingriff mehr braucht, heißt das nicht, dass man das Blut auf alles Mögliche screenen darf. Es braucht immer eine Indikation und umfassende genetische Beratung.“

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