Gendermedizinerin ist "Wissenschafterin des Jahres"

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Alexandra Kautzky-Willer wurde 2010 zur ersten Professorin für Gendermedizin in Österreich bestellt. Der Faktor "Geschlecht" wird mittlerweile stärker beachtet.

Dass Frauengesundheit mehr sein könnte als Gynäkologie und Geburtshilfe, dass sich etwa manche Krankheiten bei Frauen anders abspielen als bei Männern spielte lange Zeit keine Rolle in der Medizin. Nun wurde die Gendermedizinerin Alexandra Kautzky-Willer (54) zur "Wissenschafterin des Jahres 2016" gewählt.

Der Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten ehrt mit der Auszeichnung wird vor allem die Vermittlungsarbeit der Forscherin. Sie ist Österreichs erster Professorin für Gendermedizin an der Med-Uni Wien. Die Ehrung wurde Kautzky-Willer heute, Montag, überreicht.

Ihre Forschungsschwerpunkte sind neben Diabetes mellitus Typ 2 und Schwangerschaftsdiabetes ganz allgemein die Gendermedizin, wobei sie hier einen Schwerpunkt auf die Untersuchung von Genderaspekten bei Übergewicht, Fettleibigkeit, Fettgewebshormonen. Entzündungen und Gefäßerkrankungen legt. Ihre wissenschaftliche Arbeit hat sich in zahlreichen Publikationen, Büchern, Buchbeiträgen und internationalen Leitlinien niedergeschlagen sowie auch maßgeblich zur Aufnahme des Zuckerbelastungstests in die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen beigetragen.

Der Auftrag, Wissen weiterzugegeben

Mit der seit 1994 jährlich durchgeführten Wahl zeichnen die Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten vor allem das Bemühen von Forschern aus, ihre Arbeit und ihr Fach einer breiten Öffentlichkeit verständlich zu machen und damit das Image der österreichischen Forschung zu heben. Kautzky-Willer sieht es als "klaren Bildungsauftrag der Universitäten und der einzelnen Professorinnen und Professoren, Wissen weiterzugegeben", wie sie im Gespräch erklärte.

Dies sei vor allem im Medizin-Bereich von Bedeutung, denn "nur gut aufgeklärte, mündige Patienten können wirklich mitarbeiten". Für Erfolge in der Therapie sei "dieses Empowerment der Patienten und deren Gesundheitskompetenz immer wichtiger". Wenn man Sinn und Ziel einer Therapie nicht verstehe, werde man die verschriebenen Tabletten nicht nehmen, den Lebensstil nicht ändern, usw. "Das muss in der Medizin insgesamt sicher noch besser vermittelt werden", sagte Kautzky-Willer.

Gender-Medizin fix im Lehrplan integriert

Ausgehend von ihren Spezialgebieten Hormone und Stoffwechsel hat sich die in Wien geborene Internistin zunehmend der geschlechtsspezifischen Medizin zugewandt und wurde Anfang 2010 zur ersten Professorin für Gendermedizin in Österreich an der Medizinischen Universität Wien bestellt. In den vergangenen Jahren habe es "wesentliche Fortschritte" bei der Beachtung des Faktors "Geschlecht" gegeben: Im Medizin-Studium sei Gender-Medizin fix im Lehrplan integriert, es gebe viele Aktivitäten im Bereich postgraduelle Ausbildung, etwa den europaweit ersten Universitätslehrgang für Gendermedizin oder als niederschwelliges Ausbildungsangebot ein Diplom der Ärztekammer für Gendermedizin.

Aber natürlich bedeute es etwa für niedergelassene Ärzte, die sich bisher noch nicht mit dem Thema beschäftigt haben, einen Mehraufwand. "Deswegen ist es auch wichtig, dass das von den Patienten nachgefragt und eingefordert wird: Gibt es etwa für mich als Frau etwas zu beachten, gibt es Wechselwirkungen mit meinen Medikamenten, ich bin jetzt gerade im Wechsel, kann das einen Einfluss auf meine Therapie haben", so Kautzky-Willer.

Die Auszeichnung "Wissenschafter des Jahres" haben bisher u.a. der Archäologe Wolfgang Neubauer (2015), der Weltraumforscher Wolfgang Baumjohann (2014) oder die Umwelthistorikerin Verena Winiwarter (2013) erhalten.

(APA/Red.)

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