Kaiserschnitt: Plangeburt mit Risken

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NeugeboreneDPA, APA/Ralf Hirschberger
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Aus Angst vor Komplikationen und wegen der Planbarkeit entscheiden sich viele Mütter gegen eine natürliche Entbindung. Dabei bergen Kaiserschnitte Gefahren für Mutter und Kind.

Wien. Es ist kein dramatischer, aber stetiger Anstieg. Kamen 2007 noch 20.699 Babys per Kaiserschnitt auf die Welt, waren es 2016 bereits 25.688. Abgesehen von einem Jahr (von 2010 auf 2011) stieg die Zahl jedes Jahr an. Ärzte entscheiden sich für einen Kaiserschnitt, wenn Komplikationen auftreten. Viele Kaiserschnitte sind medizinisch aber nicht unbedingt notwendig.

1. Was spricht aus medizinischer Sicht für einen Kaiserschnitt?

Es gibt eine Reihe von Indikationen, die einen Kaiserschnitt notwendig machen. Beispielweise Vorerkrankungen der Mutter. Oder Komplikationen während der Geburt. Kaiserschnitte sind auch dann unvermeidbar, wenn eine ungünstige Lage des Kindes wie etwa die Querlage eine natürliche Geburt unmöglich oder zu riskant macht; oder wenn der Kopf des Babys so groß ist, dass er nicht durch das Becken der Mutter passt; oder wenn ein Gebärmutterriss droht bzw. die Gebärmutter während der Geburt reißt. Aber auch Drillinge stellen eine Indikation für einen Kaiserschnitt dar.

2. Warum werden Kaiserschnitte ohne Indikation durchgeführt?

Die häufigsten Gründe für die Mütter sind die Angst vor dem Geburtsvorgang bzw. vor Komplikationen, aber auch die bessere Planbarkeit eines Kaiserschnittes. Dass sich Frauen eine „natürliche“ Geburt nicht zutrauen, ist zumeist einer mangelhaften Geburtsvorbereitung und Mythen rund um die Geburt geschuldet, sagt Barbara Maier, Vorständin der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe des Wilhelminenspitals. Ihrer Meinung nach müsse die Bedeutung einer Geburt als „Dialog“ zwischen Mutter und Baby stärker betont werden. Denn Vorgänge wie Wehen und der Blasensprung stimmten nicht nur die Mutter, sondern auch das Baby auf die Geburt ein. Ein „plötzlicher“ Plan-Kaiserschnitt könne das Baby „überraschen“, was zu Adaptationsstörungen nach der Geburt führen könne. Zudem sollte das Baby mit dem Mikrobiom (Gesamtheit aller Mikroorganismen) der Mutter in Kontakt kommen. Sie habe es jedenfalls schon oft erlebt, dass sich Mütter, die einen Kaiserschnitt haben wollten, nach einer umfassenden Aufklärung für eine „natürliche“ Geburt entschieden hätten. „Wobei ich gegen Ideologismen bin“, sagt Maier. „Ich bin natürlich froh, dass es die Möglichkeit des Kaiserschnittes gibt. Ich will aber auch das Vertrauen von Frauen in ihren Körper stärken.“

3. Welche langfristigen Folgen können Kaiserschnitte haben?

Die unmittelbaren Risken eines Kaiserschnitts wie Infektionen oder eine Thrombose sind in der westlichen Welt minimal. Anders sieht es bei den Langzeitfolgen aus, über die Frauen zumeist nicht ausreichend informiert werden. Das geht aus einer aktuellen Auswertung von Forschern hervor, die physische Langzeitfolgen von Kaiserschnitten im Vergleich zu vaginalen Geburten beleuchtet haben. Insgesamt werteten sie Daten von fast 30 Millionen Frauen aus.

Für die Mütter ging ein Kaiserschnitt demnach auf lange Sicht mit einem geringeren Risiko einer Harninkontinenz und eines Deszensus einher – also dem Absenken verschiedener Bauchorgane durch die Erschlaffung der Beckenbodenmuskulatur nach der Geburt. In nachfolgenden Schwangerschaften aber müssten Frauen nach einem Kaiserschnitt mit einem leicht erhöhten Risiko einer Fehl- oder Totgeburt rechnen. Außerdem steige die Gefahr von Problemen rund um die Plazenta, darunter das Vorliegen der Plazenta vor dem Muttermund, Haftungsstörungen oder die vorzeitige Ablösung.

Die Forscher untersuchten für ihre Studie auch die Langzeitfolgen für die per Kaiserschnitt geborenen Babys. Diese hatten bis zum Alter von zwölf Jahren ein erhöhtes Risiko für Asthma und bis zum Alter von fünf Jahren ein erhöhtes Risiko, starkes Übergewicht zu entwickeln. Bei der Entscheidung über die Geburtsmethode sollten die Vor- und Nachteile also gründlich abgewogen werden.

4. Wird das Kaiserschnitt-Risiko von Müttern auf Töchter vererbt?

Ja. Mädchen, die wegen eines Becken-Kopf-Missverhältnisses durch einen Kaiserschnitt zur Welt kommen, werden später selbst mit mehr als doppelt so hoher Wahrscheinlichkeit auf diese Art entbinden als solche, die vaginal geboren wurden. Zu diesem Schluss kamen Wiener Forscher im vergangenen Jahr. Bei einem Becken-Kopf-Missverhältnis passt der Kopf des Babys nicht durch den Geburtskanal.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2018)

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