Sechs Erbsen und sehr viel Petersilie

Wenig Platz, kein Aufwand, viel Sonne: Auf dem Balkon wächst erstaunlich viel. ?

Keine bleibt lang bei uns. Der Kaktus nicht, der Weihnachtsstern auch nicht. Nur die Ikea-Pflanze, der es völlig egal ist, ob man sie mehrmals täglich oder auch wochenlang gar nicht gießt, überlebt meinen nicht vorhandenen grünen Daumen seit Jahren bravourös. (Vielleicht ist sie doch aus Plastik, wer weiß?)

Drinnen also läuft es pflanzentechnisch schlecht, draußen auf dem Balkon aber: ein kleines Paradies, trotz talentfreier Hauptverantwortlicher. Viel geht sich auf so einem mittelkleinen Großstadtbalkon nicht aus, und doch finden sich neben Tisch, Sesseln und den vom Kind ausgewählten Zierblumen zwei, drei Ecken, in denen wir Gemüse und Obst anpflanzen.

Die Auswahl erfolgt dabei völlig willkürlich. Was uns gerade als Erstes über den Weg läuft, wird gekauft, eine Erdbeerpflanze hatten wir noch vom Vorjahr, sie überstand wider Erwarten den Winter drinnen in meiner Obhut, eine zweite kam dazu. Meist setzen wir einige Tomaten- und Paprikapflanzen ein, säen ein paar Samen, unter anderem Erbsen, die wir in einem dänischen Krimskramsgeschäft gekauft haben. (Im Vorjahr war noch Kohlrabi dabei, den haben aber die Blattläuse für sich reklamiert.)

Angeordnet werden Gemüse, Obst und Kräuter nach dem Prinzip „Dort, wo noch Platz ist“. Ich lese keine „Unser Garten am Balkon“-Ratgeber, in denen steht, welche Kräuter man keinesfalls oder unbedingt neben welchem Gemüse pflanzen sollte. Wir düngen nicht, verwenden keine spezielle Erde, haben keine Ahnung, welche Pflanze Sonne oder eher Schatten braucht. Kurz: Spezialservice darf sich, wer seine Wurzeln bei uns auf dem Balkon im zweiten Stock schlägt, nicht erwarten. Wir bieten Nachmittagssonne und gießen bei Hitze mehr, bei Regen weniger.

Für diesen Minimalaufwand ist die Ausbeute nahezu erstaunlich: Tomaten gab es den ganzen Sommer über, zuletzt auch Paprika, die eine Erdbeerpflanze versorgte uns früh, die andere spät (eben erst, im kühlen September) mit Erdbeeren. Und im Juli konnten wir Erbsenreis mit eigenen Erbsen zubereiten, wobei wir, da der Ertrag doch überschaubar war (auf dem Bild sehen Sie unsere komplette Ernte), Tiefkühlware dazuschummeln mussten.

Jetzt, da alles geerntet ist, wagt sich noch ein buschiges Grün aus dem Blumenkisterl, von dem mir erst nach Tagen einfiel, dass es wohl die Petersilie sein muss, die wir im März gesät haben. Ein spätes Geschenk von unserem Schmalspurgarten auf dem Balkon. ?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2017)

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