Keine Zeit zum Lamentieren: Peter Cornelius singt wieder

(c) APA
  • Drucken

Peter Cornelius ist ein nachdenklicher Zeitgenosse geblieben. Sein neues Album „12 neue 12“ steht im Zeichen New Yorks, das ihn immer schon fasziniert hat. Mit diesem tourt der Liedermacher gerade durch Österreich.

Zum Austropop hat er sich selbst nie gezählt. Eine Zeit lang hat Peter Cornelius sogar körperlich das Weite gesucht. Dank seiner Erfolge in Deutschland lebte er ab 1983 für fünf Jahre in der Nähe von München. Das war sinnvoll, schließlich hatte er damals einen Vertrag mit einem deutschen Label unterschrieben und intensiv mit Michael Cretu, dem Erfolgsproduzenten, u. a. von Enigma, musiziert. „Das war eine wertvolle Zeit, da habe ich viel gelernt“, resümiert er versonnen. Seine Antennen richtete der junge Cornelius, der in bescheidenen Verhältnissen im 14. Bezirk aufgewachsen war, immer schon über die Landesgrenzen aus. „Als ich zum ersten Mal auf einem Skikurs das Riff von ,I Feel Fine‘ von den Beatles gehört habe, war es um mich geschehen.“

Später waren es Jimi Hendrix und Cream, die ihn beeinflusst haben. „Das alles habe ich in bestialischer Lautstärke genossen. Und es blieb immer Musik, war nie Lärm.“ Längst ist er selbst auf der Gitarre ein großer Meister, spielt mit lockerer Hand würzige Blues-, Funk-, Rock- und Reggae-Riffs. Da hat sich einiges getan, seit Cornelius seine ersten musikalischen Schritte auf der Bühne des HVZ, des heutigen Metropol, gegangen ist. „Hätte ich gewusst, dass diese Abkürzung für „Hernalser Vergnügungszentrum“ steht, hätte ich mir nicht so viel darauf eingebildet“, meint er heute. Das mit dem Ausland hat für österreichische Künstler in den Siebziger- und Achtzigerjahren nicht so toll geklappt. „Bei vielen war das so eine Art Lebenslüge. Nur wenige haben es probiert, die meisten waren bald wieder da. Der Ratzer ist angeblich sogar mit dem Rot-Kreuz-Flieger zurückgekehrt.“ Umso mehr freut es Cornelius, dass es einer, den er schon lange kennt, geschafft hat. „Der Einzige, der wirklich in der Weltelite mitspielt, ist der Christian Eigner, der für Depeche Mode trommelt. Ich habe ihm von Los Angeles abgeraten, dann hat er tatsächlich in London Karriere gemacht.“

Peter Cornelius selbst residiert ebenfalls längst wieder in der Nähe von Wien. In Purkersdorf hat er sich eine Fin-de-Siècle-Villa erstanden, in der er sich ebenerdig ein Studio eingebaut hat. An der Wand hängen Bilder von der Brooklyn Bridge und vom New Yorker Hafen in den Vierzigerjahren. Auch ein Bild der Beatles prangt an der von der Abendsonne beschienenen Wand. „Da haben sie noch ausgeschaut wie beim Jahrestreffen der Dorftrotteln. Auch Gott kocht zwischendurch nur mit Wasser.“

Froh ist er, dass es in seinem Studio Tageslicht gibt. Sein neues Album „12 neue 12“ hat er trotzdem nicht dort aufgenommen. Seine zwanzigste Liedersammlung steht im Zeichen New Yorks, das ihn immer schon fasziniert hat. „Wenn man ein gewisses Maß an Verklärung abzieht, ist diese Stadt einfach nur großartig. Sie mag hart und erbarmungslos sein, aber die Menschen sind besser drauf. Wie machen die das?“, stellt er die rhetorische Frage, die er gleich selbst beantwortet: „Die New Yorker haben, anders als die Wiener, Macherqualitäten. Die vergeuden keine Zeit mit Lamentieren.“ Mithilfe der Kontakte von Christian Eigner hat Cornelius rasch an die dortige Musikszene angedockt und Songs wie „Lebst du noch?“ eingespielt, die uns Zuhausegebliebenen die Leviten lesen. Neben typischen Cornelius-Ohrwürmern wie „Zuneigung“ und „Gutes Gefühl“ tadelt er in „Schlaftablette“ gleichnamigen, hiesigen Menschentypus, an dem er sich wie ein Junger reibt.

Am 29. Jänner wird Cornelius 62 Jahre alt. Dabei ist er immer noch vom Geist der Veränderung beseelt. Zufrieden äußert er sich darüber, dass Bogdan Roscic, dieser „Erfüllungsgehilfe eines feigen Systems“, von den Geistern, die er rief, selbst hinweggefegt wurde. Schlimm findet er, dass die Menschen nur mehr wenig Geduld mit Kunst haben. „Seit der Erfindung der Fernbedienung hat ein nicht mehr aufzuhaltender Prozess der Geduldaberziehung begonnen. Aber er ärgert sich nur mehr über wirklich kuriose Dinge. „Was braucht sich der Michael Häupl zum Feinschmecker des Jahres küren lassen? Was hat das mit Sozialdemokratie zu tun?“

Zur Person

Peter Cornelius wurde am 29. Jänner 1951 in Wien geboren. Der Gitarrist und Liedermacher feierte 1980 mit dem Album „Der Kaffee ist fertig“ seine ersten Erfolge. Das Album „Zwei“ und die Single „Du entschuldige, i kenn di“ brachten 1982 den Durchbruch. 2012 präsentierte er sein aktuelles Album „12 neue 12“, am 16. Jänner 2013 ist er live im Wiener Museumsquartier zu sehen.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER
www.petercornelius.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.