Peter Treichl, der Schlussmacher

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Eine Beziehung zu beenden fällt selten leicht. Aber man kann es sich leichter machen - mit Geld: Peter Treichl zieht auf Wunsch den Schlussstrich - schnell und ohne Skrupel.

Besteht eigentlich ein Interessenkonflikt, wenn ein Konditor auch als Diätberater tätig ist? Oder ein Barbesitzer eine Gruppe Anonymer Alkoholiker leitet? Zumindest erfordert es eine gewisse, sagen wir, moralische Flexibilität, wenn jemand, der seit 20 Jahren eine Partnervermittlungsagentur betreibt, seine Dienste neuerdings nicht nur beim Anbandeln, sondern auch beim Beenden von Beziehungen anbietet. Schließlich ist jeder frisch Getrennte ein potenzieller Kunde für seine Agentur. Dieser jemand ist Peter Treichl. Er ist der erste „Schlussmacher“ Österreichs.

Für 70 bis 130 Euro (je nach Aufwand und Anreise) überbringt er Botschaften von Männern und Frauen, die ihre Beziehung beenden wollen – aber nicht den Mut haben, den Schlussstrich selbst zu ziehen. Als kleinen Trost gibt es für die Verlassenen eine Geschenkbox, in der sich neben Süßigkeiten als Nervennahrung auch ein Gutschein für Treichls Vermittlungsagentur befindet. So werden Neukunden akquiriert, die in weiterer Folge zwischen 1000 und 3000 Euro für Partnervorschläge bezahlen. Und das Geschäft boomt. Treichl ist sogar auf der Suche nach neuen Geschäftspartnern in ganz Österreich, die ihm beim Verkuppeln und Trennen unter die Arme greifen. „Ich mache aus einem unglücklichen Paar zwei glückliche Singles“, betont der 45-Jährige. „Oft Leben zwei Menschen jahrelang unglücklich nebeneinander her und haben nicht die Kraft, sich zu trennen. Sei es, weil sie sich vor dem Alleinsein fürchten, oder ihren Partner nicht verletzen wollen. Das sind die beiden Hauptmotive.“

Eine weitere Ursache ist seiner Meinung nach die mangelnde Kommunikationsfähigkeit von Personen in langjährigen Beziehungen. „Manche Paare sind seit 20 Jahren zusammen und reden pro Tag keine zehn Minuten miteinander“, meint Treichl. „Sie haben keine Diskussionskultur mehr. Daher sind sie auch nicht imstande, ein vernünftiges Konfliktgespräch über eine so wichtige Sache wie eine Trennung zu führen.“

Einen derartigen Fall habe er erst vor wenigen Wochen gehabt. Ein älterer Herr aus Eisenstadt habe sich bei ihm gemeldet und ihn gebeten, seine langjährige Beziehung zu beenden. „Er selbst hat zuvor mehrmals versucht, mit seiner Freundin über ihre Probleme zu sprechen, aber sie ist nie darauf eingegangen“, erzählt Treichl. „Sie hat immer nur gesagt, dass für sie alles in Ordnung sei und hat ihn mit seinen Zweifeln alleingelassen. Irgendwann wusste er sich nicht anders zu helfen, als mich zu kontaktieren.“ Selten, aber doch sei die Motivation, ihn zu engagieren, auch eine Trotzreaktion aus einer Kränkung heraus. „Wenn jemand beispielsweise erfährt, dass ihn sein Partner seit Langem betrügt und er ihm auf diese Weise zeigen will, wie wenig er ihm wert ist.“


Anlass war ein Kinofilm. Die Idee für eine Trennungsagentur habe Treichl schon seit 2009. Der Anlass, mit dem Konzept auf den Markt zu gehen, sei der Film „Der Schlussmacher“ gewesen, der im Jänner ins Kino kam. In der Tragikomödie spielt Matthias Schweighöfer den Titel gebenden Schlussmacher, der für seine Auftraggeber Beziehungen beendet – professionell und ohne Skrupel.

An fremde Menschen Nachrichten vom Ende einer Liebe zu überbringen hat für Treichl jedenfalls nichts Grausames. „Grausam ist es, eine Beziehung auf Twitter oder Facebook zu beenden, wie das heutzutage oft gemacht wird“, sagt der Salzburger. „Damit alle Freunde sehen können, dass man seinen Partner verlassen hat und wieder Single ist. Es würde Sie überraschen, wie viele Leute erleichtert sind, wenn ich ihnen die ,Hiobsbotschaft‘ übermittle. Denn zumeist ist ihnen selbst auch schon klar, dass ihre Beziehung am Ende ist.“ Hysterische Szenen wie in dem Film „Schlussmacher“ gebe es so gut wie nie. „Im Gegenteil, diese Gespräche verlaufen zumeist sehr ruhig und pragmatisch. Oft geben uns die Verlassenen noch die Schuhe oder persönliche Sachen des Auftraggebers mit.“

Vier „Leistungen“, wie er es formuliert, bietet der Schlussmacher seinen Kunden an. Paket eins ist die berühmte „gelbe Karte“. Dabei wird der Partner schriftlich, telefonisch oder persönlich verwarnt und aufgefordert, Änderungen herbeizuführen, um neuen Schwung in die kriselnde Beziehung zu bringen. Paket zwei bedeutet die Beendigung der Beziehung am Telefon oder per Brief. Kurz und herzlos. Das dritte – beliebteste – Angebot beinhaltet ein persönliches Gespräch in der Wohnung des Verlassenen, bei dem auf Wunsch ausführlich erklärt wird, warum die Beziehung nicht mehr zu kitten ist. Eine „sanfte Lösung“ bietet die vierte, selbst erklärende „Bleiben wir Freunde“-Leistung an.

„Übrigens“, so Treichl, „am Ende einer Trennungsbotschaft steht nicht immer die Trennung. Bei einigen Paaren, die wir getrennt haben, haben wir später erfahren, dass sie doch wieder zusammengekommen sind.“ Im Zuge der Trennung hätten sie nämlich erkannt, wie sehr sie einander noch lieben und beschlossen, die Beziehung nicht aufzugeben, sondern an ihr zu arbeiten. Und dass es nie zu spät ist, an einer Beziehung zu arbeiten oder eine neue zu beginnen, zeige die älteste Kundin seiner Vermittlungsagentur. „Die Dame ist 93 und will noch einmal eine Weltreise machen. Und sie will dabei nicht allein sein.“

Vermittler und Zerstörer

Peter Treichl besitzt seit 20 Jahren eine Partnervermittlungsagentur. Seit April hat er sein Geschäftsfeld erweitert – mit seiner Trennungsagentur (www.trennungsagentur.at) beendet er gegen Geld Beziehungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2013)

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