Seit 50 Jahren auf der Bühne: Die "Queen" des Gospels

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Seit mehr als 20 Jahren tourt Queen Esther Marrow mit ihrem Chor durch die Welt. Statt Kirchen füllen sie große Konzerthallen.

Duke Ellington, der legendäre Jazzmusiker, hat sie einst entdeckt, Bob Dylan hat sie später auf Tournee mitgenommen. Auch mit Ella Fitzgerald und Ray Charles hat sie zusammengearbeitet. In den 1960ern war sie an der Seite von Martin Luther King im Kampf gegen die Rassentrennung engagiert, sang für ihn und gemeinsam mit Mahalia Jackson das legendäre „We Shall Overcome“. Seit mehr als 20 Jahren ist sie als Gründerin der Harlem Gospel Singers dafür verantwortlich, dass Gospelkonzerte heute nicht nur Kirchen, sondern auch große Konzerthallen füllen, gerade auch zur Weihnachtszeit.

Keine Frage, es gibt ziemlich viel, worüber man mit Queen Esther Marrow reden könnte. Und glücklicherweise redet Queen Esther auch sehr gern und sehr viel. Dass sie, Jahrgang 1941, eben aus den USA in Wien gelandet ist und vermutlich vom Jetlag heimgesucht wird, lässt sie sich nicht anmerken. Ebenso wenig wie ihr Alter (Jahrgang 1941): Man würde sie locker auch 20 Jahre jünger schätzen.

Für Marrow, im Süden der USA im Bundesstaat Virginia in Zeiten der „segregation“ aufgewachsen, ist es ein besonderes Jahr, begeht sie doch heuer ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum. Eigens dafür hat sie sich und ihren Harlem Gospel Singers, die sie 1991 mitgegründet hat, zum runden Jubiläum ein eigenes Programm verordnet, mit dem sie im Jänner (siehe Infobox) auch in Wien gastiert: „The Power of Love“ heißt es, die vergangene Tour lief unter „Wonderful World“. Die Kraft der Liebe, eine wunderbare Welt: Das mag vielen naiv vorkommen, Marrow glaubt aber fest daran, dass Musik tatsächlich die Welt verbessern kann. „Es passiert so viel Schlimmes auf der ganzen Welt“, sagt sie. „Man kann gar nicht genug über Liebe und Gerechtigkeit singen. Ich bemühe mich in meinen Shows, den Leuten eine Botschaft nach Hause mitzugeben.“

Weihnachten? Auf der Bühne

Es sei schon klar, sagt sie, dass viele Zuschauer wegen des Rhythmus, des „special beat“, wie sie sagt, zu ihren Konzerten kämen. Aber „sie hören natürlich auch den Texten zu“. Und das gern in der Adventzeit, weil der spirituelle Charakter der Gospels für viele zu Weihnachten gehört. Besonders in Europa, wo Marrows' Harlem Gospel Singers mittlerweile erfolgreicher sind als in den USA. „In den Staaten sind Gospels nicht so außergewöhnlich wie hier“, sagt Marrow. „Da gibt es viele Gospelchöre. Es ist mehr Teil unseres Alltags.“ Besonders dem deutschsprachigen Publikum fühlt sie sich verbunden – und verbringt schon seit mehr als 20 Jahren die Weihnachtsfeiertage in Deutschland.

Auch heuer wird sie Weihnachten in Mannheim feiern, gemeinsam mit ihrem Chor, die Tour geht auch während der Feiertage weiter. „Es ist schon so lange her, dass ich Weihnachten bei meiner Familie war“, erzählt Marrow. Aber der Chor und sie, „we are like a family“. „My babies“ nennt sie die anderen Chormitglieder gern. Auch, weil ihr deren Namen nicht immer auf die Schnelle einfallen wollen: Manche Mitglieder sind schon jahrelang dabei, andere kommen und gehen. „Ich versuche immer junge Leute zu engagieren. Ich möchte ihnen die Chancen geben, die mir gegeben wurden.“

Unter anderem durch den eingangs erwähnten Duke Ellington, der sie in den 1960ern für seine „Sacred Concerts“ engagierte. Marrow war auch politisch aktiv und in Martin Luther Kings Civil Rights Movement involviert. „Dr. King“ war „ein besonderer Mensch, der mein Leben sehr verändert hat“, sagt sie. „Ich kam aus dem Süden und war sehr verbittert darüber, was den Schwarzen alles angetan wurde.“ King habe sie gelehrt, dass man auf Hass nicht mit Hass reagieren solle.

Auch wenn sich vieles verbessert hat, „ganz auslöschen lässt sich der Rassismus nicht“, sagt Marrow. Aber: Nie hätte sie gedacht, „dass ich es noch erleben werde, dass ein Afroamerikaner Präsident wird. Ich liebe Obama, er ist ein guter Mann.“ Und eines Tages, sagt Marrow, werden wir auch noch eine Frau als Präsidenten haben.

ZUR PERSON

Queen Esther Marrow, geb.1941 im US-Bundesstaat Virginia, wird in den 1960ern von Duke Ellington entdeckt. Zusammenarbeit unter anderem mit Bob Dylan, Chick Corea, B.B. King. Marrow engagiert sich auch in der Bürgerrechtsbewegung von Martin Luther King.

1991 gründet sie die Harlem Gospel Singers, zahlreiche Touren. Mit „The Power of Love“ gastiert der Chor am 7. und 8 Jänner 2014 im Wiener Konzerthaus.
Tickets und Infos: www.konzerthaus.at oder www.theharlemgospelsingers.de

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2013)

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