Warum wir heiraten: Heiratsprämie bis Krise

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Ein Blick in die Statistik macht deutlich, dass auch heute nicht nur allein der Liebe wegen geheiratet wird.

Eigentlich möchte man meinen, dass sich hierzulande längst die Liebesheirat durchgesetzt hat. Dass die Liebe allein aber oft nicht für eine Ehe ausschlaggebend ist, macht ein Blick in die Statistik deutlich. Da führte etwa eine steuerliche Erleichterung oder die Einführung und spätere Abschaffung einer unter der Kreisky-Ära eingeführten Heiratsprämie schnell einmal zu statistischen Ausreißern.

Seit den 1960ern sinkt die Zahl der Eheschließungen von rund 60.000 im Jahr kontinuierlich – mit ein paar Ausnahmen. 1987 stieg die Zahl der Eheschließungen rapid von rund 45.800 (1986) auf stolze 76.200. Der Grund: Mit 31. Dezember 1987 wurde die Heiratsprämie, die damals bei rund 15.000 Schilling lag, eingestellt. Im Jahr darauf gaben sich nur knapp 35.400 Menschen das Ja-Wort. Der hohe Wert von 1987 wurde zumindest seit den 1960er-Jahren in Österreich nie wieder erreicht.

Auch 1972 – bei der Einführung der Heiratsprämie – gab es einen deutlichen Anstieg (von knapp 49.200 auf rund 57.400), ebenso wie im Jahr 1984. „In diesem Jahr stand der Wegfall einer steuerlichen Absetzmöglichkeit der Mitgift bevor. Und es gab Gerüchte, dass die Heiratsprämie abgeschafft wird“, heißt es aus der Statistik Austria.

Keine Selbstverständlichkeit

Derzeit bewegt sich die Zahl der Eheschließungen seit Jahren zwischen 35.000 und 40.000. Da aufgrund einer technischen Umstellung noch keine Zahlen für das komplette Jahr 2014 vorhanden sind, stammen die aktuellsten aus dem Jahr 2013. Damals wurden 36.140 Ehen geschlossen. Das Erstheiratsalter liegt aktuell bei Frauen bei 29,8 Jahren und bei Männern bei 32,2 Jahren. Für das erste Halbjahr 2014 wurde bei den Ehen ein Plus von 6,5 Prozent verzeichnet.

Dass die Ehe nun wieder in sei und mehr an Bedeutung gewonnen hätte, lässt sich daraus aber nur schwer ableiten. „Generell lässt sich aber sagen, dass die Selbstverständlichkeit einer Ehe bis in die 1980er-Jahre gegolten hat. Das geht zurück. Heute ist die Ehe eher eine bewusste Entscheidung, keine normbasierte“, sagt Norbert Neuwirth vom Österreichischen Institut für Familienforschung der Universität Wien (ÖIF).

Neuwirth hat auch in Hinblick auf die Scheidungszahlen eine – offenbar durch die wirtschaftliche Krise bedingte – Veränderung bei heimischen Ehen ausgemacht. „Seit 2009 gibt es eine Trendumkehr. Bei steigender ökonomischer Unsicherheit wird entweder versucht, eine Ehe eher zu halten oder die Partnerschaft formell zu fixieren.“ Die Scheidungsrate ist in den vergangenen Jahren immerhin um ein gutes Viertel gesunken. Neuwirth hat dafür drei Gründe ausgemacht: Einerseits werde heute seltener geheiratet. Partnerschaften ohne Ehen finden sich also weder in der Eheschließungs- noch in der Scheidungsstatistik. Hinzu kommt, dass viele Ehen wenn, dann eben erst später geschlossen werden. Was wiederum den positiven Effekt hat, dass die Beziehungen länger halten, weil sie erprobter und dadurch auch stabiler sind. Drittens lässt sich feststellen, dass es in Krisenzeiten weniger Scheidungen gibt. „Ab 2009 haben viele Partnerschaften, die im Bereich der Trennung oder Scheidung waren, davon Abstand genommen, weil das Risiko und auch der finanzielle Aufwand nicht dafürstanden“, sagt Neuwirth.

Trennungswillige Frauen

Beim Trennungswillen gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern, wie eine Untersuchung des ÖIF aufzeigt (Buber-Ennser, Neuwirth und Testa: „Familienentwicklung in Österreich“, 2009–2013). Daraus geht hervor, dass Frauen eine weitaus höhere Trennungsneigung als Männer haben. Besonders bei Eltern ist der Unterschied hoch. Laut Bericht weisen Mütter die „dreifache Trennungsneigung der Väter“ auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2015)

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