Polen rollt Verfahren gegen Polanski auf

Roman Polanski
Roman Polanski Reuters (Agencja Gazeta/Mateusz Skwarczek)
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Der polnische Justizminister will gegen ein Urteil, das die Auslieferung des Regisseurs abgelehnt hatte, in Berufung gehen. Es geht um den Vorwurf der Vergewaltigung.

Vor fast 40 Jahren floh der Regisseur Roman Polanski wegen Vergewaltigungsvorwürfen aus den USA - jetzt soll sich die polnische Justiz erneut mit seiner möglichen Auslieferung befassen. Justizminister Zbigniew Ziobro kündigte am Dienstag an, er werde vor dem Obersten Gericht das Urteil eines Gerichts in Krakau anfechten, das eine Auslieferung im vergangenen Jahr abgelehnt hatte.

Polanski soll 1977 in Kalifornien eine Minderjährige vergewaltigt haben. Ziobro ist nach einer umstrittenen Justizreform als Justizminister zugleich Generalstaatsanwalt. Er sagte im polnischen Rundfunk, er werde die Entscheidung des Krakauer Gerichts anfechten, Polanski nicht an die USA auszuliefern, "obwohl er eines brutalen Verbrechens gegen ein Kind, der Vergewaltigung eines Kindes, beschuldigt wird". Der 82-jährige Regisseur hält sich nicht in Polen auf.

Vor dem Gesetz sind "alle gleich"

Es dürfe nicht mit "zweierlei Maß" gemessen werden, weil Polanski ein weltbekannter Künstler sei, sagte der Justizminister. Vor dem Gesetz müssten "alle gleich sein". "Wenn er ein Lehrer, ein Arzt, ein Installateur, ein Maler wäre, wäre er von jedem Land schon lange an die USA ausgeliefert worden, da bin ich mir sicher", sagte Ziobro. Polanski werde von der "High Society und einem Teil der liberalen Medien" unterstützt. Ziobro gehört der konservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) an.

Ein Anwalt Polanskis, Jerzy Stachowicz, sagte der AFP, die Ankündigung des Ministers sei "keine Überraschung". Derzeit halte sich Polanski nicht in Polen auf. Ein anderer Anwalt, Jan Olszewski, wies die Aussage zurück, der Regisseur erfahre vor der Justiz eine Sonderbehandlung. Vielmehr hätten dem Krakauer Gericht überzeugende Argumente der Verteidigung vorgelegen. Die Anwälte hatten auf eine Einigung Polanskis mit der US-Justiz verwiesen, der auch die Opferseite zugestimmt habe.

Sex mit einer Minderjährigen

Der heute 82-jährige Regisseur wurde als Kind polnischer Eltern in Frankreich geboren. Er besitzt die französische und die polnische Staatsbürgerschaft. Die US-Justiz wirft ihm vor, im Alter von 43 Jahren im Haus von US-Schauspieler Jack Nicholson in Hollywood die damals 13-jährige Samantha Geimer sexuell missbraucht zu haben. Geimer berichtete damals, Polanski habe sie mit Alkohol und Drogen gefügig gemacht und vergewaltigt.

Polanski bestritt die Vorwürfe, bekannte sich aber wegen Sex mit einer Minderjährigen schuldig und saß zunächst 42 Tage im Gefängnis, bevor er auf Kaution frei kam. Vor der Urteilsverkündung floh der Filmemacher 1978 nach Europa. Er ließ sich in Frankreich nieder und kehrte nicht mehr in die USA zurück, weil er fürchtete, dass die Strafe trotz einer Übereinkunft mit der Staatsanwaltschaft höher als vereinbart ausfallen würde.

Oscar für "Der Pianist" ohne Polanski

Den Oscar für den besten Film, den er 2003 für "Der Pianist" bekam, nahm Polanski nicht persönlich entgegen. Geimer erklärte damals, sie habe Polanski verziehen. Mit ihr hatte der Regisseur bereits 1994 eine zivilrechtliche Einigung auf eine Entschädigungszahlung erzielt. Die Justiz in Kalifornien hielt stets an ihren Tatvorwürfen fest. Vor einigen Jahren scheiterte sie in der Schweiz mit einem Auslieferungsantrag. Zwar nahmen die Schweizer Behörden Polanski auf US-Anweisung 2009 in Zürich fest und stellten ihn in seinem Chalet in Gstaad unter Hausarrest. Nach zehn Monaten wurde Polanski aber wegen Unklarheiten im Auslieferungsgesuch wieder freigelassen.

Frankreich lehnte eine Auslieferung des Regisseurs von Anfang an ab. An Polen richteten die USA im Jänner 2015 ein Auslieferungsgesuch, nachdem Polanski einen öffentlichen Auftritt in Warschau hatte. Das Krakauer Gericht sprach sich am 30. Oktober dagegen aus. Die örtliche Staatsanwaltschaft entschied im November, nicht in Berufung zu gehen. Wird das Oberste Gericht nun vom Justizminister angerufen, kann es das Urteil des Krakauer Gerichts bestätigen, teilweise aufheben oder den Fall an ein Gericht zurückverweisen.

(APA/AFP)

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