So reich und schön ist Wien

René Wentzel
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Ein Instagram-Wettbewerb hat sich auf die Suche nach dem immateriellen Reichtum Wiens gemacht. Eine Schau zeigt nun ein Best-of.

Gut, der Blick vom Krapfenwaldbad über die Stadt ist nicht gerade ein Geheimtipp. Aber für den Architekten und Instagramer Thomas Hennerbichler doch ziemlich sinnbildlich dafür, was Wien „reich und schön“ macht. Für ihn ist das Krapfenwaldl der Favorit aus den Fotos, die er als Jurymitglied gesichtet hat. Viel war zur Auswahl gestanden: Stiegenhäuser und Palais, Dachlandschaften und Schaufenster, Märkte und Würstelstände, Parks und Plätze, Graffiti und Wandbilder, Schilder und Sprüche – und angenehm wenig von dem, was Touristen fotografieren würden.

Insgesamt waren es Hunderte Menschen, die dem Aufruf, sich auf die Suche nach dem „immateriellen Reichtum“ der Stadt zu machen, auf der Fotoplattform Instagram gefolgt waren. Wie viele genau, kann Initiatorin Birgit Wagner nicht sagen: In Summe seien die drei gefragten Hashtags jedenfalls tausendmal verwendet worden – manchmal freilich in Kombination.

Die Idee dazu, sagt Wagner, habe sie schon lang gehegt. Seit dem Jahr 2000 lebt die Mostviertlerin – abgesehen von einem kurzen Intermezzo in Aachen – in Wien. Und bis heute sei sie schwer begeistert. „Ich werde nie fertig mit dieser Stadt, weil immer wieder etwas Neues aufpoppt.“ Dementsprechend sei sie neugierig und mit offenen Augen unterwegs. Eine Leidenschaft, die ihren Ausdruck auf Instagram findet. Seit einigen Jahren ist sie als @fraeuleingitte auf der visuellen Social-Media-Plattform präsent. Anfangs eher halbherzig, seit gut zwei Jahren intensiv. Intensiv bedeutet, mit ein bis drei neuen Bildern, die sie pro Woche teilt – „um damit Geschichten zu erzählen“, zu den Themen, die sie interessieren: das Leben in Wien, Selbstständigkeit, vegane Ernährung, Freunde und das Draußensein in der Natur.

Umgesetzt hat Wagner den Fotowettbewerb im heurigen Sommer mit dem Verein Space and Place (er organisiert etwa auch die „Vienna Ugly“-Touren, die jüngst ein Gastspiel zu den hässlichsten Orten Münchens hatten). Dessen Veranstaltungsreihe „Wien lebt“, für die Wagner die Kommunikation betreut, stand heuer unter dem Motto „Reich und schön“ – ein guter Titel auch für die Instagram-Idee. Ende August gab es dazu einen eigenen InstaWalk. Längst haben sich Instagram-Nutzer nämlich auch im richtigen Leben organisiert, gemeinsame Spaziergänge zu lohnenden Fotomotiven sind ein beliebtes Format. Für „Reich und schön“ ging es durch Hernals: zum „Regenwald“ aus bunten Regenschirmen auf dem Dornerplatz (ein Space-and-Place-Projekt), in die Wiener Schneekugelmanufaktur (deren Chef seither auch auf Instagram vertreten ist) und zur Kunsteisbahn Engelmann hoch über den Dächern der Stadt. Letztere war auch Wagner neu. „Es gibt so viele Dinge, die man nicht kennt, weil man sich nie aus seiner Komfortzone bewegt.“

Pop-up bei Improper Walls

Dass sich Menschen aus selbiger herauswagen, hofft sie nun: Für zwei Tage hat Wagner aus den 120 besten Onlinefotos eine analoge Ausstellung gestaltet, eine sechsköpfige Jury hat ihren jeweiligen Favoriten gekürt. Als Ort hat Wagner die kleine Galerie Improper Walls in der Reindorfgasse gewählt, „nur drei Straßenbahnstationen vom Westbahnhof, aber doch ein Ort, wo viele nie hinkommen“. Für eine Spende ab zwei Euro kann man die Bilder auch mitnehmen, der Erlös geht an die Wiener Tafel. Zu trinken gibt es Omi's-Marillenknödel-Saft – auf diesen Fruchtsaftanbieter, sagt Wagner, sei sie aufmerksam geworden, weil er ihr auf Instagram folge.

AUF EINEN BLICK

„Dein Wien reich und schön“ war der Titel eines Fotowettbewerbs, mit dem Birgit Wagner und der Verein Space and Place dazu aufriefen, „den immateriellen Reichtum und die inspirierende Schönheit unserer Stadt“ zu entdecken. Die Projekt-Hashtags #wienlebt, #reichundschönwien sowie #wienreichundschön wurden ca. 1000-mal genutzt. In Kooperation mit der Instagram-Community @IgersAustria und @IgersVienna wurden 120 Fotos ausgewählt: Improper Walls, Reindorfgasse 42, heute von 16 bis 20 und morgen, Samstag, von elf bis 15 Uhr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2016)

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