„Zu brutal? Seien Sie kein Baby“

Michael Cudlitz
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Die apokalyptische Serie „The Walking Dead“ bescherte Michael Cudlitz rund um seinen 50. Geburtstag Weltruhm. Ein Gespräch über den extremen Erfolg und die extremen Momente der Serie – und über die castinglose Zeit.

Achtung: Das folgende Interview enthält Spoiler zur aktuellen Staffel von "The Walking Dead"

In der populären 90er-Jahre-Teenie-Serie „Beverly Hills, 90210“ durfte US-Schauspieler Michael Cudlitz einige Episoden lang Serienluft schnuppern. Rund 20 Jahre später wurde er für „The Walking Dead“, eine der weltweit meistgesehenen TV-Serien und eines der größten popkulturellen Franchise-Phänomene der Gegenwart, gecastet. Als sprüchklopfender Army-Sergeant Abraham Ford wurde er Kult – auch dank seines Walrossbartes. Die Zombie-Serie bescherte dem New Yorker, mittlerweile 51-jährig, Ruhm in mittleren Jahren. In der Auftaktepisode der neuen Staffel ereilte ihn der TV-Tod. „Die Presse am Sonntag“ traft Cudlitz im Rahmen der Messe Vienna Comic Con zum Gespräch.

Wann haben Sie den Anruf der Verantwortlichen von „The Walking Dead“ erhalten und von ihrem Serientod erfahren?

Michael Cudlitz: Ich habe es im August 2015 erfahren. Ich wusste nicht, ob es am Ende der sechsten oder Anfang der siebten Staffel passiert. Die Schwierigkeit bestand darin, es in dieser langen Zeit geheim zu halten. Vor allem im Zeitalter der sozialen Medien.

Sie tragen immer noch ihren markanten Bart. War dies vertraglich vereinbart oder tun Sie das freiwillig?

Ich behalte ihn noch eine gewisse Zeit, ehe ich ihn abrasieren werde. Nein, ich müsste ihn nicht tragen. Ich mache das für die Fans. So können sie bei den Conventions von Abraham Ford Abschied nehmen.

Ihre Figur des Sergeant Ford ist sehr beliebt. Sie sind häufiger Gast bei Conventions weltweit. Welche Erfahrungen haben sie bei diesen Veranstaltungen gemacht?

Conventions ermöglichen Fans, den Schauspielern nahe zu kommen, was es früher so nicht gab. Die Erfahrungen waren großartig. Fans erzählen dir, dass sie dank dir eine Depression gemeistert haben oder dass ich sie an ihren Vater erinnere, der gestorben ist. Und sie es lieben, ihn, also ihren Vater, jede Woche im Fernsehen zu sehen.

Die Serie ist extrem erfolgreich, aber mitunter auch extrem brutal. Für den Aufakt der neuen Staffel gilt dies besonders. Es war starker Tobak.

Seien Sie kein Baby! Nein, im Ernst, natürlich war es brutal.

Nicht nur die Protagonisten wurden gequält, es war auch für die Zuschauer eine Tortur.

Ja, das war es. Wissen Sie, warum? Weil Sie jede einzelne Figur lieben und es daher persönlich weh tat. Es war meiner Meinung nach nicht schlimmer oder gewalttätiger als der Tod von Noah (Tyler James Williams) in der Staffel fünf. Wenn Sie sich erinnern: Er wurde wortwörtlich auseinandergerissen.

Zurück zum Staffelauftakt: Glauben Sie nicht, dass hier übertrieben wurde?

Nein, aber es war wohl an der Grenze und ich finde, es muss nicht gewalttätiger werden als in jener Folge.

Was ist das Besondere der Serie „The Walking Dead“, die nichts an Popularität verloren hat − ganz im Gegenteil?

Niemand kann die Frage beantworten, aus welchem spezifischen Grund die Serie so beliebt ist. Man kann natürlich sagen, wir erzählen die Geschichte immer und immer wieder. Das Besondere ist, dass man verschiedene Figuren sieht. Du verlierst Charaktere, dann kommen wieder neue hinzu. Die Figuren sind divers und vielschichtig. Das Publikum kann sich Charaktere auswählen, sich mit ihnen identifizieren.

Ist es wahr, dass Sie während der letzten Monate keine Castings besuchen durften, um den Serientod nicht zu spoilern?

Ja, das stimmt. Ich durfte nicht an Castings teilnehmen, bis die Folge ausgestrahlt wurde. (Anmerkung: Am 23. Oktober in Nordamerika)

War das eine schwierige Zeit oder haben Sie die Freizeit genießen können?

Ich habe es versucht zu genießen, aber ich muss zugeben, es war hart. Ich kann mich sehr glücklich schätzen mit dem, was ich mache. Ich liebe es, Schauspieler zu sein. Fast ein Jahr auf der Bank zu sitzen, war aber frustrierend.

Zurück zu ihrer Figur, im wahrsten Sinne des Wortes: Es gibt auch Actionfiguren von Abraham Ford. Was bedeutet Ihnen das und welche Gedanken hatten Sie, als Sie die erste Actionfigur erblickten?

Es war cool, aber im nächsten Augenblick dachte ich mir schon: Das ist seltsam. Als eine Art Witz habe ich jedem meiner Familienmitglieder meine Actionfigur zu Weihnachten geschenkt. Sie haben also mich zu Weihnachten bekommen.

Steckbrief

Michael Cudlitz wurde am 29. Dezember 1964 in Long Island, New York, geboren. Er studierte am California Institute of the Arts.

Bekannt ist er vor allem durch seine Rolle des Abraham Ford in „The Walking Dead“. Anfang der 90er-Jahre spielte er in „Beverly Hills, 90210“ mit. Cudlitz wirkte in zahlreichen Serien, etwa in „Band of Brothers“, und Filmen mit. Für die Videospiel-Reihe „Call of Duty“ übernahm er Voice-over-Rollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2016)

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